vorlauf
: Räuberpistole mit surrealem Drall

„Der gestohlene Mond“ (20.15 Uhr, Arte)

Seine Galeristin lädt ihn in ihr Bett, stellt aber seine Fotos nicht aus, obwohl er das Geld doch dringend bräuchte. Denn in Deutschland lebt Nick illegal, in die Türkei kann er nicht zurück, weil ihm die 5.000 Euro zum Freikauf vom Wehrdienst fehlen. Getreu dem Motto „Erst hatte er kein Glück und dann kam auch noch Pech dazu“, hält das Schicksal noch weitere Schläge für ihn parat.

Der Gewinn am Billardtisch ist so schnell zerronnen wie gewonnen, und auch seine Lebensgefährtin orientiert sich sexuell neu. Zu allem Überfluss muss er sich unvermutet noch um einen kleinen Vietnamesen kümmern, dessen Mutter einen Verkehrsunfall erlitt.

Wo die Not besonders groß ist, naht freilich auch bald die Rettung – in „Der gestohlene Mond“ rückt die Kavallerie in Gestalt der pragmatischen wie resoluten Lisa an. Die betreibt mit viel Enthusiasmus eine chemische Reinigung und bringt unserem tragikomischen Lebenskünstler im Schnellkurs bei, dass Verantwortung auch für einen irrlichternden Brausekopf wie Nick kein Fremdwort bleiben muss.

Weil auch in modernen Märchen gute Taten belohnt werden, hellt sich der Horizont für das ungleiche Paar langsam auf, zumal beide unverhofft plötzlich zu zwei Millionen Euro in bar kommen. Dumm nur, dass sich für eine solche Summe auch längst zwei Spitzbuben der besonders rabiaten Art interessieren …

Was sich wie ein Plot zu einer veritablen Räuberpistole anhört, ist von Thomas Stiller (Buch und Regie) auch so gemeint. Der Blick auf Mainhattan fällt hier so ungewohnt aus wie die Szenerie, die von vietnamesischen Zigarettenhändlern über japanische Sportfanatiker bis zu Vertretern der Russenmafia bevölkert ist. Das Resultat gestaltet sich durchaus vergnüglich, weil das ohnehin schon überzeichnete Figurentableau durch surreale Elemente recht effektvoll aufgewertet wurde.

Zudem konnte Stiller („Stille Nacht – Heilige Nacht“) mit Birol Ünel, Lisa Martinek und Dietmar Bär hochkarätige Akteure verpflichten, denen die Spielfreude in dieser abgedrehten Komödie anzusehen ist.

RAINER BRAUN