DER NIEDERGANG DER SPD IM OSTEN IST ERSCHRECKEND, NICHT BEDAUERLICH
: Probleme einer Randpartei

Die desaströse Lage der SPD in den ostdeutschen Ländern und die daraufhin eingetretene Ernüchtertung decken ein Dilemma schonungslos auf, in dem sich die Sozialdemokratie in der ehemaligen DDR von Anfang an befunden hat. Die Genossen dort ringen gleich mit drei Schwierigkeiten: mit den Inhalten der Partei, ihren Strukturen und der dünnen Personaldecke. Den wenigsten Ostwählern wird je klar geworden sein, für welches Profil die SPD zwischen CDU und PDS denn nun steht.

Im wirtschaftlich darbenden Osten mit seiner horrenden Arbeitslosigkeit macht sich die SPD mit ihrem Programm selbst überflüssig. Politik für Vermögende und die Shareholder-Kaste können andere besser machen. Und da die SPD ihren Ruf als Partei der sozialen Gerechtigkeit aufgegeben hat, ist nun die PDS auf dem besten Weg, die Rolle der SPD zu übernehmen – meist ohne eigenes Zutun. Durchhalteparolen, mit gegenwärtigen Opfern sichere man die Zukunft der kommenden Generationen, schenkt der skeptische Ossi aus gutem Grund keinen Glauben mehr.

Von Anfang an hatten die Sozialdemokraten im Osten aber auch mit immensen strukturellen Problemen zu kämpfen. Bei ihrer Wiedergründung konnte sie sich kaum auf Traditionslinien stützen. Ein Image, ein Mitgliederpolster und eine Klientel als Volkspartei wie im Westen konnte sie nie aufbauen – und stürzt deshalb auch um so heftiger ab. Den Schlamassel perfekt macht die ausgeprägte Parteihierarchie. Regional hat sich die alte „Volkskammergeneration“ der ersten Stunde regelrechte Festungen aufgebaut, in die einzudringen teils bessere, neue Köpfe kaum eine Chance haben. Sie wenden sich resigniert ab.

Zudem zeigt die SPD im Osten typische Spaltungssymptome einer Randpartei in der Defensive. Vor allem in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen ist sie in Flügel gespalten, die sich neben personellen Animositäten deutlich an der Haltung zur PDS und zur Agenda 2010 reiben. Der selbst verschuldete Niedergang der SPD im Osten ist erschreckend – bedauerlich ist er nicht. MICHAEL BARTSCH