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Grün grün grün sind…

Verstörend-ruhige Landschaftsmalerei des japanischen Wahl-Düsseldorfers Masatomo Harada im Café Grün

Weil es warm ist, steht die Tür zur Dachterasse offen. Verschämt lugt ein kleines Pflänzchen in einem viel zu großen schwarzen Übertopf herein. Es ist von einem Grün, das man vorschnell unnätürlich nennen möchte.

„Darf ich auch mitmachen?“, scheint es zu fragen. Die Bilder im oberen Teil des Cafés sind in erster Linie grün. Sehr grün sogar. Die Landschaftsansichten des 1968 im japanischen Nara geborenen Malers Masatomo Harada wirken ein wenig wie ein Zusammentreffen des Fotorealismus eines Edward Hopper mit der intensiven Farbigkeit, die das ostasiatische Breitwandkino parat hat. Mit beiden haben Haradas Arbeiten wie die Bilderfolgen „Abschnitt der Landschaft“ oder „Schwarze Serie der Blätter“ einiges gemeinsam.

Motive wiederholen sich: Blattwerk, Täler, Wälder, wiederum Blattwerk. Menschen sind nicht zu sehen. Und trotzdem wirken die oft großformatigen Bilder nicht menschenleer. Als würden sie etwas verbergen – eine Geschichte, eine Bewegung.

Hier möchte gleich ein sanfter Wind durch die Blätter fahren und die Sonnenflecken tanzen lassen. Und dort wird, wenn man nur lange genug schaut, jemand den gewundenen Bergpfad heraufgehen, dessen man vorher gar nicht gewahr wurde.

„Beim Malen sammle ich immer Landschaftsmotive“, sagt Harada, „um sie dann ganz sachte in die Fiktion zu verschieben“. Diese kaum merklichen Biegungen des Realen (oder scheinbar Realen) sind es, die seine Bilder in Bewegung halten.

Durch farbliche Betonung und Veränderungen an der Struktur des Motivs verbinden sich, so Harada, gesehene Welt und Phantasie. Die Rätselhaftigkeit, die in Haradas Bildern steckt, kommt leise daher. In der Zusammenschau wechseln die Perspektiven, wechseln Ausschnitt und Überblick von Berg, Wald und Tal. Geschickt und unaufdringlich hält Harada die Balance zwischen verschiedenen Maltraditionen bis hin zur Comic-Illustration – und verhindert das Abrutschen der Naturansicht ins Klischee.

Auf der größten Arbeit ist, versteckt hinter Bäumen und bemoosten Felsen, eine Reihe kleiner Häuser zu sehen. Ein dezenter Hinweis vielleicht, dass „die Natur“ immer schon eine zweite Natur in sich trägt. Oder eben den Beginn einer Geschichte.

Tim Schomacker

Zu sehen bis zum 27. August im Café Grün, Fedelhören 73

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