Grüne wandern zum runden Tisch

Fraktionschef Volker Ratzmann will das Zuwanderungsgesetz in Berlin nachbessern. Dazu schlägt er eine Art runden Tisch vor. Auf Bundesebene hatten sich die Grünen nicht durchsetzen können

VON STEFAN ALBERTI

Die Grünen, auf Bundesebene beim Zuwanderungsgesetz geschlagen, wollen in Berlin retten, was noch zu retten ist. Fraktionschef Volker Ratzmann schlägt Innensenator Ehrhart Körting (SPD) dazu eine Art runden Tisch vor. Die Reaktion fällt mau aus. Die CDU will mitziehen, aber keinesfalls „irgendwas aufweichen“. Die PDS ist ebenfalls dabei, wirft den Grünen aber doppeltes Spiel vor. Und auch der Integrationsbeauftragte Günter Piening ist nicht vom Sinn eines runden Tisches überzeugt. Körting selbst ist in Urlaub. Der Gesetzentwurf geht morgen im Vermittlungsausschuss des Bundestags voraussichtlich durch.

Ratzmanns Vorschlag in einem Brief an Körting: Bei der Umsetzung des Gesetzes sollten die Parteien „losgelöst von den üblichen parlamentarischen Abläufen“ eingebunden werden. „Es wäre fatal, wenn die Umsetzung im politischen Hickhack zerredet würde.“ Die Berliner Grünen hatten den Konsens scharf kritisiert und zuletzt als einziger Grünen-Landesverband einen Sonderparteitag gefordert. Um es mit derzeit angesagtem Fußballvokabular auszudrücken: Sie können bei der Zuwanderung nicht mehr gewinnen, wollen aber in der Nachspielzeit das Ergebnis noch aufpolieren.

Dafür sieht Grünen-Landeschef Till Heyer-Stuffer zwei Stellschrauben. Zum einen sei im Bundesgesetz einiges auslegungsfähig. Zum anderen stünden noch Ausführungsverordnungen durch die Länder an. Auslegungssache ist für Heyer-Stuffer beispielsweise die Ausweisung wegen Gefährdung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder der Sicherheit: „Da könnte im Extremfall ein Ausländer ausgewiesen werden, der sich bei der PDS in der Kommunistischen Plattform engagiert, weil die vom Verfassungsschutz beobachtet wird.“

In dem Schreiben an Körting bietet Ratzmann für seine Fraktion „ausdrücklich die konstruktive Mitarbeit bei der Umsetzung“ an. Entsprechende Beratungen sollten unmittelbar nach der Sommerpause beginnen.

Der Integrationsbeauftragte Piening sagte, er teile zwar Ratzmanns Ansatz: Im Zuwanderungsgesetz lägen für Berlin neben Risiken allerhand Chancen, die zu nutzen seien. Piening verwies zur Umsetzung aber auf eine ressortübergreifende Arbeitsgruppe des Senats und den Integrationsbeirat. „Ob darüber hinaus zusätzlich Strukturen nötig sind, kann ich nicht sagen.“

In der CDU-Fraktion reagierte Innenexperte Kurt Wansner prinziell offen. „Die runden Tische lösen zwar meist die Probleme nicht. Aber grundsätzlich habe ich nichts dagegen.“ Eins schließt der CDU-Mann aber gleich aus: „Wenn man da irgendwas wieder aufweichen will, macht das keinen Sinn.“ Das hatte der Grünen-Abgeordnete und Migrationsexperte Özcan Mutlu schon befürchtet. Er hält eine Zusammenmarbeit der Parteien für illusorisch. „Der Konsens, den wir wünschen, ist mit der CDU schwer zu machen.“

Der PDS-Fraktions- und -Landeschef Stefan Liebich kritisierte Ratzmanns Vorschlag als grüne Parteitaktik: „Ich halte es für einen Scherz, dass die Grünen sich hinstellen und fordern, einen Scherbenhaufen zusammenzukehren, den sie auf Bundesebene verursacht haben“. Das sei bei Hartz IV so, das sei nun bei der Zuwanderung so. Die PDS hatte den Konsens auf Bundesebene abgelehnt.

Für Liebich hätte Ratzmann seinen Brief besser an Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) schicken sollen. Auf die Vorschläge der Grünen könne die PDS hier gut verzichten. Das heiße nicht, dass seine Partei Zusammenarbeit verweigern würde, sagte Liebich: „Ob runder oder eckiger Tisch, wir wären die Letzten, die da nicht mitmachen.“