PHILIPPINEN: PUTSCHISTEN SIND DAS KLEINSTE PROBLEM DER REGIERUNG
: Zwischen Korruption und Rekolonisierung

Die Rebellion war ein Strohfeuer. Erstens war die Zahl der Aufständischen, die behauptet hatten, rund 2.000 Soldaten stünden hinter ihnen, tatsächlich viel geringer. Die Besetzung des Glorietta-Gebäudes glich somit einer kopf- und nutzlosen Aktion. Zweitens hatten die Meuterer die philippinische Regierung beschuldigt, die überall im Lande wuchernde Korruption nicht in den Griff zu bekommen. Zudem beklagten sie, Präsidentin Gloria Arroyo schüre auf künstliche Weise terroristische Attacken in den Philippinen, um weitere Militärhilfe aus den Vereinigten Staaten zu erhalten. Beweise für ihre Behauptungen legten die Rebellen jedoch nicht vor. Der kleine Kreis der „Putschisten“ und der offensichtliche Mangel an öffentlicher Unterstützung sind deutliche Anzeichen dafür, dass die Meuterer bisher zumindest eher ein Ärgernis für die philippinische Regierung darstellen als eine wirkliche Bedrohung.

Ob es den rebellischen Armeeeinheiten tatsächlich ausschließlich darum ging, öffentliches Augenmerk auf das von Korruption zerfressene System des Landes zu lenken, bleibt zudem fraglich. Und doch könnten die Ereignisse vom Sonntag Kreise ziehen. Denn die philippinische Präsidentin Arroyo ist keineswegs in einer gesicherten Position. Die Liste ihrer Kritiker wird immer länger. Die heute 56-Jährige hatte bei ihrem Amtsantritt 2001 versprochen, energisch gegen die Korruption vorzugehen und für mehr soziale Gerechtigkeit zu sorgen. Beides ist ihr nicht gelungen.

Stattdessen häufen sich die innenpolitischen Probleme. Der jetzige Vizepräsident Teofisto Guingona war wegen eines Streits um US-Manöver auf den Südphilippinen im vergangenen Sommer von seinem Posten als Außenminister zurückgetreten. Die Philippinen, die für die USA neben Afghanistan die zweite Front im Kampf gegen den internationalen Terror bildeten, gelten nach wie vor als einer der treuesten Verbündeten Washingtons. Das aber schmeckt nicht allen Filipinos. Arroyo, heißt es, tue zu viel, um Amerika zu gefallen, und zu wenig für innere Reformen. Kritiker fürchten, dass das Inselreich durch diese Politik zunehmend seine militärische Souveränität verliert und durch die Hintertür rekolonialisiert wird. NICOLA GLASS