Kunst im Container

StandArtBox: Von Donnerstag an verwandelt sich der Altonaer Balkon in einen Raum mit Aussicht. Hula-Hoop aus Shanghai trifft auf Alltagsgegenstände, deren Geschichten auf Tonband festgehalten werden

20 Fuß misst ein Container. Groß genug, um darin ein paar Tanzschritte zu wagen, eine Sammlung zusammengetragener Fundstücke samt zugehöriger Geschichten auszustellen, illusionäre Landschaften ins Wanken zu bringen oder eine begrünte Puppenstube einzurichten.

Der mobile Veranstaltungsraum StandArtBox ist ein herausgeputzter Container mit längsseitiger Verglasung zur besseren Einsicht. Erster Standort ist der Altonaer Balkon. Von dort fällt der Blick ungehindert in den Hafen, Hamburgs Tor zur Welt. Die Choreographin und Tänzerin Angela Guerreiro lässt dort ihr inneres Auge zum Auftakt der Veranstaltungsserie bis nach Schanghai gleiten, nimmt die Zuschauer in Begleitung ihrer Band mit auf eine imaginäre City-Tour durch die chinesische Metropole. Aus Schanghai kommen übrigens mehr als die Hälfte aller Container, die hier im Hafen umgeschlagen werden. Das ist schon eine choreographische Beschäftigung mit den Vorlieben der Bevölkerung von Hamburgs Partnerstadt wert. Zu diesen Vorlieben gehört, man glaubt es kaum, das Hula-Hoop-Kreisen.

Drei Tage später betätigt sich der jüngst nach Berlin übergesiedelte Choreograph und Tänzer Jochen Roller mit der Installation Flaschenpost – Ein Souvenirladen als Sammler und Archivar. Der begnadete Tanzgeschichtenerzähler lässt diesmal andere erzählen. Am 6. und 7. Juli sind Hamburger Bürger aufgerufen, einen Gegenstand vorbeizubringen. Damit verbundene Geschichten werden zum späteren Abspielen vor Ort aufgenommen. Eröffnet wird die zusammengetragene Ausstellung am 9. Juli abends mit einer Campingparty. Abschließend werden die Schätze nach León in Nicaragua verschifft, eine weitere von Hamburgs Partnerstädten.

Standortwechsel: Judith Wilske, Hamburgs derzeit spannendste freie Theatermacherin, die mit außergewöhnlichen Inszenierungen wie Gertrud nach Einar Schleef und Du/Die Stadt nach Fiona Templeton überzeugte, wird einen Kinder-Garten vor Planten un Blomen einrichten. Dabei beruft sie sich auf ein von dem Erziehungsreformer Friedrich Fröbel 1840 konzipiertes Idealmodell, das besagt: Ein Kindergarten muss einen Garten haben! Außerdem, hat Wilske recherchiert, diente der Kindergarten ursprünglich als Inspirationsquelle und Lehranstalt für Erwachsene zum Spiel mit den eigenen Kindern. Hier sind es computergesteuerte Puppenbabies – normalerweise dienen sie minderjährigen Schwangeren zur Vorbereitung auf das Muttersein – die in der theatralen Installation von einer Kindergärtnerin umsorgt werden. „Realität und Künstlichkeit“, so die Regisseurin, „sind hier mitunter schwer zu unterscheiden.“ Ein Geburtsbeet, ein Schlafbeet und ein Spielbeet bilden die Versuchsanordnung für eine Spurensuche nach den sozialen und philosophischen Wurzeln des Kindergartens – und öffnen ein weites Feld ungeahnt verwegener Assoziationen. Marga Wolff

Altonaer Balkon: Angela Guerreiro & Band: „From Hamburg to Shanghai“, 1.–3.7., 21 Uhr; Jochen Roller: „Flaschenpost – Ein Souvenirladen“, 6.+7.7., 12-22 Uhr; Planten un Blomen: „Kinder-Garten“, 21.–25.7., 10–17 Uhr