Schon der Schriftname der New Yorker Band, die sich Kss Kss Kss oder Pft Pft Pft nennt, kündet vom Willen zur Party: „!!!“ im Logo
: Die Jam Session in Zeiten nach Techno

Das Prinzip „Jam Session“ ist abseits dreckiger Blues-Spelunken und manierierter Jazz-Restaurants ausgestorben. Die Ruinen des spontanen Miteinanderspielens auf der Bühne können nur noch beäugt werden, wenn Star- Stimmen reflexhaft ihre Band vorstellen. Dann darf der Drummer auch mal eine halbe Minute solo hacken, der Keyboarder stellt seine Lieblings-Sounds direkt aus der Yamaha-Korg-etc.-Datenbank seines Instruments vor. Güddel-gü-gü-gü-Güddel. Wenig nur ist von größerer Grausamkeit.

Aus diesem heiteren Himmel fallen nun !!!. Ihrer Schlag-betonten Musik gemäß wünschen sie sich eine „dreimalige Wiederholung eines konsonantenbasierten Sounds“. Wie in „Kss Kss Kss“ oder „Pft Pft Pft“. Derart mit allen repetitiven Wassern gewaschen, zeigen !!! unvermittelt, dass es die Jam Session doch noch gibt. Ihr Miteinanderspielen ist ein Jammen in den Zeiten nach Techno. Nichts daran ist Mucker-Routine, das Septett aus New York hat einfach einen grandiosen Weg gefunden, seine Konzerte zu eröffnen.

Sie nehmen ihren Bass, ihre Drumsticks, Trompete, Saxofon und zwei Gitarren in die Hand, und rauf auf die Bühne. Dort wartet ein ganzer Wald aus Keyboards und Perkussions-Instrumenten, und während der Show stellt sich jeder aus der Gruppe mal hinter die Bongos und Congas.

Die Grundidee ist einfach: Ein Gefühl für die Band bekommen und schauen, mit welchem Publikum man es zu tun hat. Langsam erhöhen sie dann den Druck in so einer Konzerteröffnungssession. Wann das zweite Stück überhaupt beginnt, wird auch nicht so recht klar. Den Endlos-Mix haben sie ebenso aus den Hoch-Zeiten der DJ-Culture übernommen wie das Prinzip der sich wiederholenden Sounds und stoisch durchschlagenden Bass-Drums.

Am Ende steht die Abfahrt. Während ihres ersten Europa-Konzerts letzten Dezember auf den Transmusicales von Rennes standen zwar Sieben auf der Bühne und 6.000 in der Halle, doch !!! hoben leichter Hand die Situation auf. Nach wenigen Minuten war der Guckkasten zur entgrenzten Tanzfläche geworden. Nicht nur, weil die drei Ausrufezeichen für den Willen zur Party stehen. Sänger Nic schrie „Move That Butt!“ und bewies die Quantenphysik, wackelte an circa drei verschiedenen Stellen im Raum mit seinem Hintern. Die Sieben aus Brooklyn tanzen alle selbst, sie wollen schließlich auch was von ihrem derben Elektro-Funk haben.

Das Jammen geht zurück auf die Entstehungsmonate der Gruppe. Zwei Punkrockbands im kalifornischen Sacramento hatten 1995 den Punkrock über. Statt sich groß irgendwas auszudenken, was total uncool gewesen wäre, ging man gemeinsam in den Proberaum und begann mit den Beats. Seit 1997 veröffentlicht man unter dem Namen !!! Platten und tourt durch die Konzertclubs der Vereinigten Staaten, „weil Dance-Clubs leider keine geeigneten Anlagen für eine Besetzung wie unsere haben“, wie Bassist Justin Vandervolgen erzählt.

Eine Brooklyn-Connection: Seit Anfang 2001 leben fünf !!!s in New York, um „sich von der reichen künstlerischen Vergangenheit der Stadt zu ernähren und ihr auch etwas zurückzugeben“, so Sänger Nic Offer. Der Plan ist aufgegangen. Ihr erster großer Hit in Indie- und Club-Zirkeln gleichermaßen ist das neunminütige Discofunk-Epos Me & Giuliani Down By The School Yard, vor einem Jahr auf WARP Records veröffentlicht. Es lässt sich über eine Maßnahme städtischen Regierens aus, die in New York ebenso bekannt ist wie in Berlin und Hamburg. Wenn Geld fehlt in der Stadtkasse, dann kramt man uralte Gesetze hervor, die seit Jahrzehnten im Archiv vergilben. „Cabaret Law“ heisst das konkrete Gesetz in New York: Eine Lizenz zum Tanzen, die unter Giulianis Regentschaft plötzlich den Bars das Leben schwer machte.

Feiern ist !!! also wirklich ein Anliegen. Und mit befreundeten Bands wie The Rapture und Black Dice veranstalten sie ihre eigenen Partys deshalb gerne an Orten, die ganz offiziell diese Cabaret-Lizenz besitzen. Zum Beispiel in ollen Blues-Spelunken. Das Hamburger Logo passt da schon. Christoph Braun

Montag, 21 Uhr, Logo