Schwule Synergien

Mit konkreten Plänen für den ersten homosexuellen Fernsehsender der Welt bringt der US-Medienriese Viakom konservative Kreise auf die Palme

VON HEIKE WIPPERFÜRTH

Als der US-Fernsehsender Showtime eine Serie über die amourösen Abenteuer lesbischer Frauen ankündigte, wusste Leisha Haley sofort, dass ihre Stunde geschlagen hatte. Die Schauspielerin bewarb sich. Und ergatterte eine Rolle in der neuen Fernsehserie „The L-Word“. Nun wird die 32-Jährige aufsteigender Star, die ihre sexuelle Orientierung vor ihren Fans nicht verbirgt.

Dass Haleys Erfolg kein Einzelfall bleibt, darum kümmert sich Sumner Redstone, der 81-jährige Leiter von Viacom. Bereits im kommenden Februar will der Chef des Medienriesen, dem auch Showtime gehört, den ersten Sender für Schwule und Lesben unter dem Namen Logo im Kabelfernsehen starten.

Insgesamt 30 Millionen Dollar will der Medienmogul in ein Programm aus Reality-TV sowie neuen und alten Spielfilmen investieren, darunter Klassiker wie „What Ever Happened To Baby Jane“ mit Bette Davis und Joan Crawford. Zunächst soll der Sender in 14 Millionen Haushalten in Los Angeles, San Francisco, Atlanta, New York, Boston und Philadelphia empfangbar sein. Dabei wird nicht nur auf ein gleichgeschlechtliches Publikum spekuliert: Shows wie „Will and Grace“ und „Queer Eye for the Straight Guy“, in der Schwule anderen Männern Ratschläge in Sachen Mode erteilen, gehören inzwischen zur Massenware.

Sollten die richtigen Werber anbeißen, kann Viacom mit Logo viel Geld verdienen. Gespräche mit Firmen wie dem Autokonzern General Motors, der Kreditkartenfirma American Express, dem Autoverleiher Avis und dem Viagra-Hersteller Pfizer sind bereits im vollen Gang. Denn mit einem Vermögen, das insgesamt auf über 450 Milliarden Dollar geschätzt wird, sind Amerikas 15 Millionen Schwule und Lesben ein wahrer „Dream Market“.

Da nur wenige Firmen sich in der Werbung direkt an Schwule wenden, will Logo ihre Marken in die Shows integrieren. Vorprogrammiert ist der Erfolg allerdings nicht. PrideVision, der kanadische Sender für Schwule, ging beinahe Bankrott, weil er sich in den USA nicht durchsetzen konnte. Rivale HereTV! kann nur über Satelliten-TV gegen Bezahlung empfangen werden.

Bei konservativen Gruppen hat Viacoms Plan heftige Proteste ausgelöst. Sie glauben, Sender für Homosexuelle seien moralisch nicht vertretbar. Reverend Louis Sheldon rät den 430.000 Mitgliedern, die zu seiner Organisation „Traditional Values Coalition“ gehören, Firmen zu boykottieren, die auf Logo werben. „Das verbessert das Fernsehen nicht“, sagt der Prediger. „Es wird nur die moralische Anarchie und einen ernsthaft gestörten Lebensstil fördern.“

Logo weist diese Anschuldigung weit von sich. Genau wie seine Rivalen muss sich der Kabelsender nämlich strengen Regeln unterwerfen. In den Shows darf nicht geflucht werden. Sex ist verboten. So genannte „pay per view“-Sender wie Showtime und HBO haben es da viel leichter. Die Regeln gelten für sie nicht. Sollte Logo eine Sendung von „The L-Word“ oder „Queer as Folk“ übernehmen, müssten riskante Szenen der Schere zum Opfer fallen.

Um sich auf den großen Auftritt im Februar vorzubereiten, erstellt Logo bereits neue Shows mit der Hilfe von Sendern wie CBS News, MTV und Comedy Central, die ebenfalls bei Viacom zu Hause sind. Die Verbindung hilft auch, die Aufnahme von Logo ins Programm der Kabelvernetzer durchzudrücken. Time Warner Cable und RCN haben bereits zugesagt.

Genug zu tun gibt es auch für die Schauspielerin Haley. Bereits nach zwei ausgestrahlten Sendungen hat Showtime sich entschlossen, „The L-Word“ zu verlängern.