„Ein Superangebot“

In die Niederlande: Mehr Geld, mehr Internationalität – Dozent Frank Biermann wechselt an die Uni in Amsterdam

Das Rembrandt-Bild ist bereits verpackt, das holländische Bier getrunken, und ihren Gouda-Käse hat Frau Antje ebenfalls erfolgreich unters Volk gebracht. Nur die kleinen Flaggen an den Türen im Rotweißblau der Niederlande erinnern noch an Frank Biermanns und Aarti Guptas Abschiedsparty.

Das Paar verlässt Berlin und folgt Frau Antje nach Amsterdam. Biermann tritt eine Stelle als Abteilungsleiter im Institut für Umweltstudien der dortigen Freien Universität an. „Ein Superangebot“, dachte Biermann, als er von der Ausschreibung erfuhr. Eines, wie man es in Deutschland derzeit nicht bekommt. Schon seit längerem wollte der 36-Jährige sich beruflich verändern. Bisher leitete der Privatdozent an der FU Berlin ein Projekt zu internationaler Umweltpolitik am Potsdamer Institut für Klimaforschung.

Das Problem: In Deutschland sind kaum Stellen für wissenschaftliche Führungskräfte frei, und wenn, dann in der Provinz. „Da ich mit einer Inderin verheiratet bin, kam das nicht in Frage“, sagt Biermann. Seine Frau spricht nur wenig Deutsch und könnte sich in einer Kleinstadt nicht zurechtfinden. Doch selbst wenn er in Berlin untergekommen wäre – die Bedingungen sind deutlich unattraktiver als in Holland. „Die Uni ist ein bisschen vor die Hunde gegangen. Nach den ganzen massiven Kürzungen gibt es kein freundliches Klima mehr.“ In Amsterdam dagegen hat er mehr Freiheiten, mehr Geld zur Verfügung, mehr Zeit für Forschung und mehr Internationalität. „Die hatten kein Problem mit einem Abteilungsleiter, der kein Holländisch spricht. Umgekehrt wäre das nur schwer vorstellbar gewesen.“

Trotzdem ist die Auswanderung kein endgültiger Schnitt. „Wir sagen nicht, dass wir niemals wieder kommen. Vielleicht in zehn Jahren, wenn die Situation hier besser ist.“ Biermann lächelt verschmitzt, als glaube er selbst nicht so wirklich daran.

Trotzdem hat er sich schon mal erkundigt, ob die Krankenkasse ihn als 50-Jährigen noch mal aufnimmt und wie sich die Arbeit im Ausland auf seine deutsche Rente auswirkt. „Meine Frau verspottet mich schon, weil ich mich so sehr in die Bürokratie hineinknie, damit in 30 Jahren Geld aus der Rentenkasse fließt. Alles typisch deutsch.“ Den Job kann man wechseln, die Nationalität nicht.

Biermann will sie auch gar nicht abstreifen. In einer der Kisten, die den Flur der geräumigen Altbauwohnung verstellen, schlummert ein Niedersachsen-Pferdchen, Symbol für Biermanns Heimat, direkt neben dem indischen Elefanten. Klar, ich werde immer eine Bindung an Deutschland haben“, sagt er. Wehmütig klingt Biermann nicht, er schaut lieber nach vorn, freut sich auf die große Herausforderung, und Amsterdam ist schließlich nicht aus der Welt.

Der Blick zurück ist erst fürs Wochenende der Abreise geplant. Dann flanieren Biermann und seine Frau Unter den Linden und werfen einen letzten Blick auf die Stadt. „Wir haben Berlin genossen“, sagt er. Eine spannende Stadt mit einem unschlagbaren Kulturangebot – nur eben leider ohne attraktive berufliche Perspektiven. SBE