Schartau geht es um die Wurst

NRW-Arbeitsminister Schartau und DGB-Chef Sommer diskutieren beim Dortmunder Kongress „Erneuerung von unten“ über „Hartz IV“. Beide Seiten wollen die Arbeitsmarktreformen „gestalten“

AUS DORTMUND MARTIN TEIGELER

Die Begrüßung fiel unterkühlt aus. Als sich DGB-Chef Michael Sommer und NRW-Arbeitsminister Harald Schartau gestern in Dortmund begegneten, war vom Konflikt zwischen SPD und Gewerkschaften etwas zu spüren. So sehr sich beide Sozialdemokraten bemühten, den Zwist zu versachlichen, so deutlich dokumentierten die kleinen Gesten die Beziehungskrise. Knapper Handschlag – und los ging die Diskussion vor 150 Teilnehmern der DGB-Konferenz „Erneuerung von unten“. Zwei Tage lang hatten Gewerkschafter über regionale Strukturpolitik in Zeiten der Globalisierung beratschlagt.

Sommer und Schartau redeten über die Arbeitsmarktreformen. „Von der Grundidee her ist Hartz IV vernünftig“, sagte der DGB-Vorsitzende eingangs der Podiumsdiskussion in der Westfalenhalle. Die Beendigung von „Sozialhilfe-Dynastien“, das Grundprinzip „Fördern und fordern“ sei richtig – aber nicht so. „Wer die Hartz-Formulare sieht, mit ihren Fragen nach Briefmarkensammlungen und Familiensilber, bekommt ein schlechtes Gefühl“, kritisierte Sommer das Arbeitslosengeld II. Es bringe nichts, Erwerbslose unter Druck zu setzen, obwohl nicht genug Arbeitsplätze vorhanden seien: „Ich werde mit der Kritik weiter machen.“ Bei der Gestaltung der Gesetze werde der DGB aber mitwirken, um noch Verbesserungen zu erreichen.

„Es musste etwas geschehen bei der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit“, verteidigte SPD-Landeschef Schartau die Reform. Arbeitsmarktpolitik müsse ein Ziel haben: den Erwerbslosen „wieder auf eigene Beine zu helfen“. Hartz IV sei „zupackende Sozialpolitik“, die den betroffenen Menschen aus der „Stigmatisierung“ helfe. In NRW werde es durch das Gesetz nicht zu Lohndumping kommen, so Schartau: „Hier wird niemand als Hungerleider in einen Job gepresst.“

„Da werden wir ganz genau drauf achten, damit das klar ist“ nahm der DGBler den Arbeitsminister unter dem Beifall der Zuhörer in die Pflicht. „Darüber habe ich auch lange mit dem Franz gesprochen“, berichtete Sommer von seinem nächtlichen Geheimtreffen mit SPD-Chef Müntefering. Auch bei der Anrechnung von Abfindungen auf das Arbeitslosengeld müsse vom Tisch, so Sommer.

Schartau sagte Dialogbereitschaft zu, forderte vom DGB aber auch Diskussionsbereitschaft über die Zukunft des Normalarbeitsverhältnisses: „Viele wollen dort nicht arbeiten, aber die neuen Jobs entstehen im Paketdienst, in der Systemgastronomie, bei den Reinigungskräften.“ Sprachs, verabschiedete sich zum nächsten Termin – nicht ohne vorher eine Bockwurst von der Systemgastronomie mitzunehmen. „Für den Weg.“