Willkommen in Düsseldorf

Die Hunzinger AG zieht nach Düsseldorf und heißt jetzt Blazek & Bergmann. Aufsichtsratchef Hoffmann will Politikberatung aufgeben. Doch im Internet wirbt die Firma mit dem Grünen Özdemir

Von Christoph Schurian

Bolko Hoffmann will das Kapitel Hunzinger beenden: „Da nach Rudolf Scharping und Cem Özdemir auch Walter Döring wegen Hunzinger seinen Stuhl räumen musste, gibt es für die Hunzinger Public Relations keine wirtschaftliche Überlebenschance mehr“, sagt der Chef des Aufsichtsrats, und: „Wir werden Public Relation aus der Firma löschen“. Im April feuerte Hoffmann, der Düsseldorfer Millionär, deshalb Firmengründer Moritz Hunzinger. Ab Herbst soll die Hunzinger AG „Verlag Blazek und Bergmann seit 1891 AG“ (B&B) heißen und in die Landeshauptstadt umziehen. Doch schon jetzt wird das Unternehmen von seiner Vergangenheit eingeholt: Ausgerechnet die B&B-Homepage erinnert an Hunzingers Beziehungen zu Spitzenpolitikern. Überraschend: Der einstige Hunzinger-Verlag will Ende der 1990er Jahre gar ein Buch des Grünen Cem Özdemir „betreut“ haben.

Blazek & Bergmann stellte auch unter Hunzinger den Buchverlag – im deutsch Moritz Hunzingers hieß das „Editionshaus“. Noch heute schwärmt der Politikberater vom „erstklassigen Laden“ mit toller Internetseite: „Aus reiner Freude würde ich die jeden Tag anklicken“, freut sich Hunzinger, der nach dem Rauswurf durch Hoffmann auf Abfindungen hofft und dann aus dem Beruf aussteigen will.

Derzeit weilt Hunzinger auf Sizilien zu Besuch beim grünen Europaabgeordneten und Ex-Bürgermeister von Palermo Leoluca Orlando – einem Freund und Klienten. Auf der B&B-Internetseite wird auch ein Buch von Orlando angepriesen: „Ich sollte der nächste sein“ ist 2002 im Herder-Verlag erschienen – Blazek & Bergmann will das Buch dennoch „betreut“ haben.

Wie eine solche Betreuung aussah? Hunzinger erinnert sich an das Buch von Jelzins Sicherheitsberater Alexander Korschakow: „Wir haben dem Verlag 350 bis 500 Bücher abgekauft und sie bei einer Lesung mit Korschakow an die ausgewählten Gäste verschenkt.“ Neben B&B-Publikationen wie CDU-Ministerpräsident Roland Kochs „Vision 21“, das mit großem Werbeaufwand zur hessischen Landtagswahl 1999 auf den Markt gebracht wurde, präsentiert die Homepage unter den „betreuten“ Fremdpublikationen auch das Buch „Ich bin Inländer“ von Cem Özdemir.

„Wir haben mit Özdemir und Axa Colonia eine Veranstaltung gemacht“, sagt Hunzinger. Auch beim Kölner Versicherer erinnert man sich an einen Termin: „Ende der 1990er“. Cem Özdemir, gerade für die Grünen ins Europaparlament eingezogen, hat der taz auf Nachfrage bislang nicht geantwortet.

2002 endete Özdemirs Karriere bei den Bundestags-Grünen. Weil der innenpolitische Sprecher der Fraktion für private Reisen Bonusmeilen nutzte, die er als Abgeordneter erworben hatte, trat er Ende Juli 2002 von politischen Ämtern zurück. Zuvor musste er zugeben, 1999 ein zinsgünstiges Darlehen über 80.000 Mark von Moritz Hunzinger bekommen zu haben – doch für die Finanzspritze will Özdemir keinerlei Gegenleistungen erbracht haben. Dass eine Hunzinger-Firma das 1997 erschienene Buch Özdemirs „betreut“ haben will – davon war bisher nicht die Rede. Noch am 22. Juli 2002 sagte Cem Özdemir in einem taz-Interview, dass er auch deshalb so blauäugig war, den Kredit des Lobbyisten Hunzinger anzunehmen, weil er „im Gegensatz zu anderen“ nicht das Problem habe, „dass ich nicht weiß, wo ich meine Bücher publizieren soll: Das erste ist im dtv-Verlag erschienen.“ Laut B&B-Internetseite wurde es betreut vom einstigen Hunzinger-Verlag.

Bolko Hoffmann, der neue Herr über die Hunzingerschen Restunternehmen, will den Verlag nun in Düsseldorf weiter führen, dort sitzt schon sein Börsenblatt „Effecten-Spiegel“. Als Verlag soll B&B weiter arbeiten: „Wir halten ja weiterhin die Rechte an Büchern von Lothar De Maizière oder Roland Koch“, so Hoffmann. Die Betreuung von Fremdpublikationen und das Veranstalten von Lese-Events will der Börsenfachmann indes beenden. Dass sein Verlag überhaupt mit dem grünen Özdemir und Anderen werbe, war Hoffmann, einst Gründer der nationalkonservativen ProDM-Partei, angeblich unbekannt. Die Internetadresse des Unversitätsverlages Blazek & Bergmann seit 1891 erfuhr er erst von der taz.