Buschmänner ziehen vor Gericht

In Botswana wird ein Fall von Vertreibung aus einem Wildreservat neu aufgerollt. Dabei geht es auch um Diamantenvorkommen. Die Unterstützer der Vertriebenen verfolgen jedoch unterschiedliche Strategien

JOHANNESBURG taz ■ In der Kalahari-Wüste in Botswana hat der Gerichtsfall „Buschmänner gegen Regierung“ begonnen. Seit Sonntag befinden sich drei Richter sowie Verteidiger der Regierung und der Basarwa, auch San und allgemein Buschmänner genannt, auf einer dreitägigen Tour im Wildreservat. Sie wollen sich über die Zustände, die zur Klage der Ureinwohner des Landes führten, informieren.

Dazu zählt der Besuch der beiden Siedlungen New Xade und Kaudwane außerhalb des Central Kalahari Game Reserve. Dort leben etwa 2.000 Basarwa, die seit 1997 nach und nach von der botswanischen Regierung aus ihrem angestammten Gebiet vertrieben wurden. Unterirdische Diamantenvorkommen spielten dabei eine zentrale Rolle. Die Regierung streitet Zwangsumsiedlung und Pläne zur Nutzung der Vorkommen wegen Unrentabilität ab und erklärt, die Buschmänner hätten ein Recht auf Entwicklung. Doch im Januar 2002 stellte sie im Reservat das Wasser zur Versorgung der Einwohner ab. Das spricht eine andere Sprache. Etwa 200 Basarwa haben sich inzwischen wieder im Busch angesiedelt. Im April 2002 war ihre erste Klage auf Rücksiedlung abgelehnt worden. Nach der Tour wird das Gericht im größten Siedlungscamp New Xade den Fall wieder aufnehmen.

Für die Rücksiedlung der Basarwa stark gemacht hat sich die in London ansässige Gruppe Survival International, die sich für Urvölker weltweit einsetzt, aber wegen ihrer aggressiven Stimmungsmache gegen die Regierung in Botswana auch heftig kritisiert wird. Ihre Kampagne beruht auf dem Argument, dass Diamanten in Botswana für die Basarwa nicht Entwicklung, sondern Verzweiflung bedeuten. Botswanas Regierung stufte die Organisation als „Terroristen“ ein, und das örtliche Menschenrechtszentrum Ditshwanelo distanzierte sich von der Kampagne. „Wir glauben nicht, dass Diamanten in der Kalahari ausschlaggebend sind“, sagte Alice Mogwe, Direktorin der Organisation in der Hauptstadt Gaborone. Umsiedlung sei ein uraltes Problem, aber es gehe um einen Dialog mit der Regierung über fundamentale Rechte für die Buschmänner auf ihrem Land.

Da Botswana keine starke Bürgerbewegung kennt, seien langwierige Debatten, um eine „elitär denkende“ Regierung zur Umkehr zu bewegen, nutzlos, meint dagegen Professor Kenneth Good von der Universität in Gaborone. „Ein Problem wie die Vertreibung der Buschmänner wird nur zum Thema, wenn sich eine Gruppe extrem für sie einsetzt“, verteidigt er die internationale Kampagne. „Diamanten sind in Gope im Kalahari-Reservat nahe ihren Siedlungen gefunden worden, und der Abbau wird folgen, abhängig vom Weltmarkt“, glaubt Good. Gleichzeitig mit den Umsiedlungen der Basarwa seien Genehmigungen zur Minenerforschung im Wildreservat vergeben worden. Die Diamantengewinnung wird zu je 50 Prozent von der Regierungsfirma Debswana und De Beers in Südafrika kontrolliert. Seit den ersten Funden 1967 ist Botswana zum weltweit größten Diamantenhersteller geworden.

Öffnung für andere Märkte, Tourismus und die stärkere Nutzung der Viehwirtschaft durch den Staat seien weitere Gründe für die Umsiedlung. „Es ist möglich, Mensch und Tier in Einklang mit der Natur leben zu lassen“, sagt Good. Laut Regierung ist es zu kostspielig, für den Unterhalt der im Busch umherziehenden Basarwa zu sorgen. Statt sie durch Land- und damit Nutzungsrechte der Mineralien sozial einzubinden, leben sie ohne Jagderlaubnis in fest errichteten Siedlungen. Das bedeutet für viele den Weg in den Alkoholismus. MARTINA SCHWIKOWSKI