schnittplatz
: Wir vom Print-Archiv

Der 1. August ist ein denkwürdiger Tag: Am 1. August wird Mathieu Carrière geboren, Isabel Allende und Wes Craven auch, Enrico Caruso stirbt am 1. August und in den USA Fritz Lang, der Irak überfällt Kuwait und die Frankfurter Allgemeine Zeitung erscheint erstmalig in neuer Rechtschreibung.

Doch halt! Moment mal! „Hier stimmt doch was nicht!“, werden die Caruso-, Irak- und FAZ-Fans sagen. Und zu Recht. Denn die erwähnten Ereignisse sind nicht nur mindestens vier Jahre alt und obendrein total aus dem Zusammenhang gerissen, nein, sie ereigneten sich allesamt erst am 2. August.

Ich fang also lieber noch mal an: Am 1. August wird Herman Melville geboren, Ernst Jandl auch und Yves Saint-Laurent, Walter Ulbricht stirbt am 1. August, Niki Lauda verunglückt auf dem Nürburgring, in den USA geht der Fernsehsender MTV auf Sendung, Deutschland erklärt Russland den Krieg und die Frankfurter Allgemeine Zeitung erscheint wieder in alter Rechtschreibung.

Und das muss gefeiert werden! (Also nicht Ulbricht, Lauda oder Deutschland natürlich, sondern Letzteres.) Nein, ehrlich, man muss sich das mal vorstellen: Da gab es 1999 eine Rechtschreibreform, alle Welt schreibt fortan „daß“ mit Doppel-s und so was – und eine der ganz großen, ganz wichtigen Tageszeitungen im Lande macht ein Jahr später alles wieder andersrum: Seither erscheint dort Tag für Tag jedes „dass“, jeder „Führererlass“ verwegen mit scharfem Dreierles-Es.

Seit drei Jahren geht das nun schon so und hat die FAZ (vermutlich) keinen Leser gekostet, keinen Arbeitsplatz und (noch wichtiger) keine einzige Anzeige. Und keine müde Mark. Kurzum: Sieht seltsam aus, ist aber letztlich scheißegal. Oder ein Grund zum Feiern …

Damals, im August 2000, sagte einer der FAZ-Herausgeber: „Wenn man in 50 Jahren sagt: Die FAZ hat immer noch die alte Rechtschreibung, dann haben wir’s erreicht. Da habe ich gar keine Angst. Wir halten das jetzt durch, für immer.“ Frank Schirmacher heißt der Mann, der das damals sagte, lachend sagte. Oder Schirrmacher. Ein Name, den man sich merken muß. Am 1. August, in 50 Jahren oder wenigstens für immer. CHRISTOPH SCHULTHEIS