Gute Schichten, schlechte Schichten

Das Ozonloch wächst langsamer, sagen amerikanische Forscher. Politischer Erfolg für das Montreal-Protokoll

BERLIN taz ■ Die Ozonschicht, die die Erde vor UV-Strahlung schützt, reißt langsamer auf als noch vor Jahren. Das haben Forscher der Universität in Huntsville (US-Staat Alabama) herausgefunden. Sie sagen, dies wäre das erste Zeichen dafür, dass sich die Ozonschicht erhole. Sollten sie Recht behalten, wäre dies ein politischer Erfolg des Montreal-Protokolls. In der kanadischen Hauptstadt hatten sich Industrie- und Entwicklungsländer 1989 darauf geeinigt, weniger Treibhausgase in die Luft zu blasen.

„Wir gewinnen noch kein Ozon, aber wir verlieren es weniger schnell“, sagte Michael J. Newchurch. Er leitet die Forschergruppe, die mit Hilfe von drei Satelliten und drei internationalen Bodenstationen den verlangsamten Ozonabbau festgestellt hat. Laut Newchurch kommt die gute Nachricht allerdings nur aus der oberen Erdatmosphäre.

In einer Höhe von 35 bis 45 Kilometer sei eine „Trendwende“ festzustellen. Allerdings wird die UV-Strahlung der Sonne zu 80 Prozent von einer tieferen Schicht in 20 bis 35 Kilometer Höhe abgewehrt. Dort gebe es keine Anzeichen dafür, dass das Ozon langsamer verschwinde, sagte Newchurch.

Verursacht werden die unterschiedlichen Trends dadurch, dass die Ozonschicht in unterschiedlichen Höhen von unterschiedlichen Treibhausgasen beschädigt wird. Dass sich die oberen Schichten erholten, läge daran, so Newchurch, das in den letzten Jahren weniger Chlor in die Luft gelangt sei. Chlor wurde bisher vor allem aus Spraydosen in die Umwelt versprüht.

An der unteren Ozonschicht richten hingegen Kohlendioxyd und Methan Schaden an. „Der geringere Ausstoß von Chlor wird die tiefere Ozonschicht nicht retten“, sagte Newchurch.

„Diese Ergebnisse entsprechen unseren Erwartungen“, kommentierte Rolf Satorius gestern die Nachricht aus den USA. Der Klimaexperte vom Umweltbundesamt teilt aber nicht deren optimistische Deutung. „Wir sollten eher von einem Trendstopp sprechen“, sagte er.

Ob die obere Ozonschicht sich wirklich erhole, hänge jetzt davon ab, ob der Klimawandel sich verschärfe oder nicht, sagte Satorius. Denn: Je wärmer die Lufttemperatur, desto unwahrscheinlicher werde es, dass sich das Ozonloch wieder schließe. „Wenn der Klimawandel eintritt, wird sich der Selbstreparatur der Ozonschicht verzögern“, sagte er. Außerdem seien Chlorgase sehr langlebig, was den Prozess weiter verlangsame. „Es wird noch fünf bis zehn Jahre dauern, bis sich das Ozonloch zu schließen beginnt“, sagte der Wissenschaftler.

Auch Hans-Jochen Luhmann ist skeptisch. „Das bedeutet gar nichts“, kommentierte der Politikforscher am Wuppertal Institut gestern die Erkenntnisse aus Übersee. Dass sich die Ozonschicht derzeit regeneriere, sei eine oft zitierte Vermutung. Immerhin zeige die beginnende Erholung der chloranfälligen Ozonschicht, dass Beschlüsse von Montreal wirkten.

Der kohlendioxidanfälligen Schicht kann jedoch erst das Kyoto-Protokoll helfen. Das 1997 beschlossene Abkommen haben allerdings die USA und Russland noch nicht ratifiziert.

MATTHIAS BRAUN