Nike und das Eigentor

Das ist kaum verwunderlich: Die Trikots der neuen Europameister waren gestern ausverkauft. Adidas – der Ausrüster des griechischen Nationalteams – hatte nur 15.000 Leibchen fabriziert. Schließlich konnte man mit einem solchen Sieg des Außenseiters nicht rechnen. „Wir arbeiten jetzt mit Hochdruck daran, für Nachschub zu sorgen“, so Unternehmenssprecher Jan Runau.

Deutsche Trikots gibt es dagegen noch zuhauf. Dabei sind die Deutschen die eigentlichen Gewinner der EM. „Mit dem Ergebnis absolut zufrieden“ ist Adidas. In Zahlen ausgedrückt: Roteiro, der offizielle EM-Fußball, verkaufte sich bislang 6 Millionen Mal, doppelt so oft wie der Ball der vorigen EM. Adidas setzte 1,3 Millionen insgesamt Trikots ab, 1,2 Millionen Lizenzprodukte, 1 Million Fußballschuhe. Runau: „Dank der EM wird Adidas in diesem Jahr im Fußballsektor einen Rekordumsatz von 850 Millionen Euro erzielen.“

Noch aus einem anderen Grund ist der Herzogenauracher Sportkonzern über das Ergebnis „sehr glücklich“: Besser hätte sich die Werbeabteilung das nicht ausdenken können. „Nichts ist unmöglich“, lautet die aktuelle Werbekampagne. Dazu passt, dass die Adidas-Hauptwerbeträger Deutschland, Frankreich und Spanien frühzeitig ausgeschieden sind. Und natürlich dass der 100:1 gehandelte Außenseiter das Finale gewinnt – ausgerechnet gegen seinen Hauptkonkurrenten Nike, der das Nationalteam Portugals ausgerüstet hat. „Der Sieg des Außenseiters passt perfekt zur Werbekampagne“ so Runau. Entsprechend schlachtete der Konzern gestern den Prestige-Erfolg mit Zeitungsanzeigen in großen europäischen Tageszeitungen aus.

Allerdings hat die Sache einen Schönheitsfehler: Angelo Charisteas nämlich ist exklusiv bei Nike unter Vertrag. Nicht verwunderlich, dass Nike ein ähnlich positives Fazit zieht: Fußball sei in den letzten Wochen in ganz Europa gelebt worden, „und unsere Schuhe waren überall weithin sichtbar“. Dumm nur, dass Nike der Exklusivvertrag mit Charisteas nicht viel nützt: Der Stürmer erzielte das Siegtor mit dem Kopf.

Die Sportkonzerne zahlen zweistellige Millionenbeträge, um Nationalteams ausrüsten zu dürfen. Selten war die Konkurrenz dabei so groß wie in Portugal: Dominierte bei der Weltmeisterschaft 2002 noch Adidas, hatte Nike diesmal nur ein Team weniger ausgerüstet – Kroatien, Russland, Portugal und die Niederlande. Und mit Blick auf die WM 2006 gibt sich Nike gelassen: Der aktuelle Weltmeister spielt Nike. NICK REIMER