Iliescus Kumpel kann auf Gnade hoffen

Rumäniens inhaftierter militanter Bergarbeiterführer Miron Cozma will den Staat nicht mehr untergraben

Früher trat der berüchtigte rumänische Bergarbeiterführer Miron Cozma gern als Macho und Mafiaboss auf: mal in Lederjacke, mal in Kumpelkluft, dann wieder in teuren, nicht wirklich geschmackvollen Seidenanzügen, dabei immer mit martialischem Gesichtsausdruck und einem Spruch auf den Lippen, der latente Gewaltbereitschaft offenbarte. Diese Haltung änderte Cozma schlagartig, als er im Frühjahr 1999 ins Gefängnis kam, wo er seitdem eine 18-jährige Strafe absitzt, die er für seine Anführerrolle bei den berüchtigten Bergarbeiterstürmen auf die rumänische Hauptstadt Bukarest bekam.

Bei jeder Gelegenheit beteuert Cozma mit weinerlicher Stimme, manchmal mit Tränen in den Augen, seine Unschuld und appelliert an die Behörden: Sie möchten ihn begnadigen, er habe sich im Gefängnis exemplarisch aufgeführt und müsse für seine beiden Kinder sorgen, die in großer Armut lebten.

Nun hat der ehemalige Bergarbeiterboss auch das Mitleid des rumänischen Staatspräsidenten Ion Iliescu erregt. „Als junger Mann ins Gefängnis, als alter Mann wieder heraus, wie Monte Christo, also, das wäre ja …“, entsetzte sich Iliescu vor einigen Tagen in einem privaten rumänischen Fernsehsender. Rumäniens Staatspräsident erwägt, Cozma zu begnadigen, die hohe Strafe sei übertrieben.

Tatsächlich schuldet Ion Iliescu dem heute 48-jährigen Bergarbeiterführer noch einen Gefallen. Bei dem ersten großen Bergarbeiterüberfall auf Bukarest im Juni 1990, den Cozma anführte, prügelten aufgehetzte Kumpel aus dem westrumänischen Schiltal regimekritische antikommunistische Demonstranten nieder. Die Bilanz: mehrere Tote. Mutmaßlich Ion Iliescu selbst, ehemaliger kommunistischer Funktionär und damals zum ersten Mal Staatschef, soll Miron Cozma und seine Kumpel zur Hilfe gerufen haben. Nach der Prügelorgie bedankte er sich bei Cozma & Co für deren „hohes ziviles Verantwortungsbewusstsein“.

Ein Jahr später half Cozma noch einmal aus: Bei dem Bergarbeiterüberfall im September 1991 stürzte er die Regierung unter Ministerpräsident Petre Roman, mit dem Iliescu wegen Wirtschaftsreformen im Clinch lag. Zum Dank konnte Cozma im Schiltal jahrelang unumschränkt herrschen. Die Löhne für die Bergarbeiter, Subventionen, Schuldenerlass beim Nationalen Steinkohletrust – nichts lief ohne ein Machtwort von Cozma. Sogar vor Strafverfolgung war der Bergarbeiterboss sicher – ob er Journalisten verprügelte oder ein Kleinkind totfuhr.

Bei der letzten Bergarbeiterrevolte Anfang 1999 übernahm sich Cozma. Noch einmal führte er mehrere tausend Bergarbeiter nach Bukarest, weil die unrentable Kohleförderung im Schiltal ohne Sozialplan abgewickelt werden sollte. Cozmas Putschplan scheiterte. Die damaligen Machthaber ließen Panzer auffahren und verhafteten Cozma. Iliescu, damals Oppositionsführer, kündigte an, er werde Cozma begnadigen, sollte er noch mal Staatspräsident werden. Denn Cozma sei ein zu Unrecht verurteilter politischer Gefangener.

Das sagt Iliescu nun nicht mehr. Aber er will Cozmas Gnadengesuch prüfen lassen. Dem hat der Exbergarbeiterboss mit einer demütigen Abbitte Nachdruck verliehen: Er werde „nie wieder“ gewerkschaftlich aktiv werden, versprach Cozma in vorauseilendem Gehorsam.

KENO VERSECK