gen-gesetz
: Bauern haften für ihre Pollen

Eigentlich eine Selbstverständlichkeit: Der Verursacher eines Schadens zahlt auch für dessen Beseitigung. Bei der in der Landwirtschaft eingesetzten „grünen“ Gentechnik ist das bislang allerdings nicht so klar.

Kommentar von WOLFGANG LÖHR

Reichlich spät will Verbraucherschutzministerin Renate Künast mit diesem Missstand nun Schluss machen: Ihr Gesetzentwurf sieht vor, dass konventionell wirtschaftenden Landwirten und Ökobauern eine Entschädigung zustehen soll, wenn sie ihre Ernte aufgrund von Gen-Verschmutzung nicht mehr gewinnbringend verkaufen können. Zahlen soll der Landwirt, der für die Verunreinigung verantwortlich ist. Technisch ist das durchaus möglich – nur politisch leider kaum durchsetzbar.

Denn Gegenwind bekommt die grüne Ministerin Renate Künast nicht nur von Industrie und Opposition. Auch ihre sozialdemokratischen Kabinettskollegen Edelgard Bulmahn (Forschung) und Wolfgang Clement (Wirtschaft) haben ihren Protest angemeldet. Ein rot-grüner Regierungsstreit ist unvermeidlich – und ein fauler Kompromiss wahrscheinlich. Schon zu oft haben sich die Grünen in strittigen Fragen über den Tisch ziehen lassen – siehe Atomausstieg.

Eine sinnvolle Regelung ist ohnehin nur auf EU-Ebene möglich – schließlich halten sich Pollen bei ihrem Flug nicht an Ländergrenzen. Doch hat die Gentech-Lobby EU-weite Haftungsregelungen bisher erfolgreich verhindern können. Mit der EU-Kommission, die zunehmend auf den Wirtschaftsfaktor „Bio- und Gentechnologie“ setzt, hat die Industrie mächtige Verbündete.

Die Entscheidung des zuständigen EU-Agrarkommissars Franz Fischler für einzelstaatliche Lösungen wird sich für die Biotech-Industrie noch als Pyrrhussieg erweisen. Denn Künast wird nicht die einzige Ministerin bleiben, die auf konsequente Haftungsregelungen setzt. Österreich und Irland etwa möchten sich am liebsten zur gentechnikfreien Zone erklären – und die gegenüber der Gentechnik kritisch eingestellten Staaten werden das Recht, eigene Haftungsregelungen zu erlassen, ausgiebig nutzen, um die Hürden für die grüne Gentechnik möglichst hoch zu bauen. Die Unterstützung der Verbraucher wissen sie dabei auf ihrer Seite. Gentechnisch veränderte Nahrungsmittel finden bei europäischen Konsumenten noch immer keine Gnade. Bleibt zu hoffen, dass dieser Rückenwind für das Künast’sche Gesetzesvorhaben ausreicht.

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