Frostiges Klima

Beispiel 4: Ein Streik und seine Folgen beim Weser-Kurier

Bremen taz ■ Anfang des Jahres ging es beim Bremer Weser-Kurier turbulent zu. Vier Wochen hatten die Redakteure der Bremer Tageszeitungen AG ihre Arbeit niedergelegt, um den kürzungswilligen Verlegern in den Tarifverhandlungen die Stirn zu bieten. Richtig frostig wurde das hausinterne Klima aber erst nach dem Streik. Die Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) warf Geschäftsführung und Chefredaktion vor, Mitarbeiter für deren Teilnahme am Streik abgestraft zu haben.

In einem Offenen Brief des dju-Bezirks Land Bremen protestiert die Gewerkschaft „auf das Schärfste“ gegen „Gängelungen gegen Volontäre, freie Mitarbeiter und Redakteure seit Ende des Streiks“. So seien „Redakteuren Kolumnen entzogen worden, die sie vorher eigenständig betreuten“. Die Seiten der Ressorts „Blick in die Welt“ und „Musik“ würden seit dem Streik nicht mehr von der Redaktion verfasst, sondern „von der Deutschen Presse-Agentur eingekauft“. Dienstreisen über 15 Kilometer müssten jetzt von der Chefredaktion genehmigt werden, und der „Verzicht auf das bisher für Volontäre übliche Praktikum im Berliner Büro“ komme „einer Maßregelung gleich“.

„Redakteure, die mitgestreikt haben“, heißt es in dem Schreiben weiter, „sind verbalen Attacken und Anfeindungen ausgesetzt“. Derlei Verhalten sei „zutiefst undemokratisch“. Die Chefs der Bremer Tageszeitungen AG, die das dju-Schreiben dem Vernehmen nach bis heute nicht beantwortet haben, nahmen einen Teil der Maßnahmen mittlerweile wieder zurück oder entschärften sie.

Der Betriebsratschef sieht zur Gelassenheit dennoch kaum Anlass: Zwar habe es keine betriebsbedingten Kündigungen gegeben, so Ferdinand Kammering. Doch die Belegschaft habe „einen hohen Preis bezahlt“: Bei der Arbeitszeit habe man große Abstriche machen müssen, und die Beschäftigten, vor allem in der Technik, hätten „Lohnsenkungen von bis zu 20 Prozent“ hinnehmen müssen. markus jox