Hart gelandet

Der Pseudo-Meisterkandidat Hamburger SV ist nach dem 0:3gegen Hannover 96 schon wieder in der Realität angekommen

aus HamburgJÖRG FEYER

Geschichte wiederholt sich nicht. Nicht mal im Fußball. Dabei schwante den Kollegen aus Hannover beim Pausenkaffee genau dies, als die Roten aus Niedersachsen nach ansehnlichem Spiel und vertanen Großchancen nur mit einem 1:0 in die Kabine gingen. Jiri Staijner konnte schon in der 11. Minute einen 16 Meter-Schuss von Jan Simak nach einem Pieckenhagen-Patzer aus kurzer Distanz abstauben. Auch 96-Trainer Ralf Rangnick sah später „bis zur Halbzeit einige Parallelen zum letzten Jahr“. Da hatte der Gastgeber das Spiel noch kämpferisch drehen können, diesmal aber blieb der HSV bei der selbst in dieser Höhe verdienten 0:3-Pleite im Nordderby zum Saisonauftakt erschreckend chancenlos.

Das bittere Ende hatte seinen Ursprung womöglich schon gleich am Anfang. Da hatte Beinlich, noch der beste HSVer, Rahn auf links freigespielt, dessen gute Flanke zwar abgewehrt wurde, beim Gastgeber aber womöglich das Gefühl nährte, heute gehe es auch im Schongang. Gäste-Keeper Tremmel wollte eine gewisse „Überheblichkeit“ bei den Rothosen ausgemacht haben, und Kurt Jara stand das Entsetzen ins Gesicht geschrieben, als er seiner Mannschaft „Nachlässigkeit“ und nur „25 Minuten engagierten Fußball“ attestierte. Der Rest, so der HSV-Coach, sei „unter jeder Kritik“ gewesen.

Jara analysierte gewohnt nüchtern und schonungslos, doch inhaltlich unzureichend. „Wir wollten nur über Fußball spielen in die Saison reinkommen“, so Jara, und bemängelte fehlenden „Körpereinsatz“. Doch Hannover 96 zeigte nicht nur mehr Präsenz im Zweikampf, sondern hatte gerade auch die bessere Spielidee.

Nach dem Wechsel hatten die Gäste, so Ralf Rangnick, „zehn Minuten das Glück, das man braucht, um auswärts zu gewinnen“. Es war das Pech von HSV- Stürmer Romeo, der nur vier Minuten brauchte, um drei Großchancen in Serie zu vergeben (siehe oben). Doch 96 igelte sich nicht ein und wurde mit zwei erstklassig herausgespielten Konter-Toren belohnt. Erst vollendete Brdaric nach einer Vorlage des unermüdlichen Lala (75.), und nur drei Minuten später sorgte Idrissou für die endgültige Entscheidung; Staijner hatte ihn nach einem Klasse-Solo von der Grundlinie bedient.

„So ein Spiel hätten wir letztes Jahr noch nicht machen können“, resümierte Ralf Rangnick, nicht unstolz auf seine Truppe. Sein Hamburger Kollege aber steht nach diesem Start gleich mit dem Rücken zur Wand. Jara hofft auf das, auf was Trainer in dieser Situation immer hoffen, nämlich eine „Reaktion der Mannschaft“, am besten gleich in den zwei folgenden Auswärtsspielen.

Denn danach kommt schon der deutsche Meister in die AOL-Arena. Bleibt sie aus, die Reaktion, dann kann der HSV von einem Duell mit Bayern München auf Augenhöhe weiter nur träumen. Da würde sich (jüngere) Geschichte doch mal wiederholen.