Kein politischer Mensch?

Vor 60 Jahren wurde Cato Bontjes van Beek hingerichtet – jetzt erscheint ein Porträt der Widerstandskämpferin

Ihr Lebensweg ist einer allgemeinen Öffentlichkeit kaum bekannt – aus zeitgeschichtlichen Gründen. Jahrzehntelang wurde das Gedenken an Cato Bontjes van Beek, deren Todestag sich am morgigen 5. August jährt, durch gezielte Fehlinformationen beeinflusst. Als Mitglied der so genannten Roten Kapelle, einer antinationalsozialistischen Widerstandgruppe, wurden ihre Taten auf beiden Seiten der innerdeutschen Grenze ideologisch rekonstruiert.

In der DDR avancierte die Rote Kapelle zum besten Beispiel kommunistischen Widerstands, während ihre Mitglieder in Westdeutschland als Volksverräter galten. Diese Einschätzungen basieren auf Darstellungen der NationalsozialistInnen, die aus unterschiedlichen, miteinander in Kontakt stehenden Gruppen einen europaweit agierenden, kriegswichtige Informationen an die Sowjetunion vermittelnden Spionagering konstruierten: die Rote Kapelle. Dementsprechend wurden die durchaus unterschiedlichen Aktivitäten von Gruppenmitgliedern entweder als “Friedensmission“ für die Sowjetunion oder als „Hochverrat“ angesehen.

Wie weit beide Darstellungen von einer differenzierten Wahrnehmung entfernt sind, zeigt Hermann Vinkes biographisches Porträt Cato Bontjes van Beek – „Ich habe nicht um mein Leben gebettelt“. Entlang der Briefe und Kassiber von Cato Bontjes van der Beek sowie mithilfe von Gesprächen mit Angehörigen und ZeitzeugInnen entsteht das Bild einer jungen Frau, die gegen den Nationalsozialismus eintrat, weil sie seine Menschenfeindlichkeit verabscheute. „Manchmal könnte ich an allem verzweifeln und wünsche, ich hätte vor vielen Jahrtausenden gelebt“, schreibt sie beispielsweise an einen Verwandten.

Diese in Opposition bringende Verzweiflung bewog sie dazu, dem Berliner Kreis um Libertas und Harro Schulze-Boysen beizutreten, für den sie an der Herstellung von Flugblättern beteiligt war. Dass ihr Anliegen sich weder in die DDR- noch in die BRD-Geschichtsschreibung einfügt, beweist ein Kassiber, den sie nach der Urteilsverkündung einem Mithäftling zukommen ließ: „Ich bin ja gar keine Kommunistin. (...) Ich bin kein politischer Mensch, ich will nur eins sein, und das ist: ein Mensch.“

Die bewegenden Zeugnisse der damals 22-Jährigen zeigen sie als eine beeindruckend lebensbejahende und empathische Frau, die aus persönlichen Gründen gegen den Nationalsozialismus Widerstand leistete. Andere herangezogene Berichte von Oppositionellen zeugen wiederum von den unterschiedlichsten und daher nicht verallgemeinerbaren Wegen zum Widerstand gegen ein Regime, das jeden Traum für ein besseres, menschenwürdiges Leben zum Scheitern verurteilte und die Träumenden in Opposition zu sich brachte – oder auslöschte. Cato Bontjes van Beek war eine von ihnen. DORO WIESE

Hermann Vinke: Cato Bontjes van Beek. „Ich habe nicht um mein Leben gebettelt.“ Ein Porträt. Arche Verlag, Zürich/Hamburg, 2003, 242 S., 18 Euro