Scheue Behörden und gierige Städte

Die Prostitution ist zwar nicht mehr sittenwidrig – doch jetzt kämpfen die Frauen mit den Finanzämtern

BERLIN taz ■ Stephanie Klee hat gerade als Vorsitzende des Bundesverbands Sexuelle Dienstleistungen (BSD) über ihre Visionen gesprochen. „Bordellbetreiber werden in Zukunft wie Hotelbesitzer behandelt, selbstständige Prostituierte wie Freie Journalistinnen.“ Da bitten einige Fotografen sie, dieses Thema für die Presse mit einem „Motivbild“ bebildern und sie „an ihrer Arbeitsstätte“ ablichten zu dürfen. Die Männer werden enttäuscht. Die „Arbeitsstätte“ von Frau Klee sieht aus wie jedes gemütliche Wohnzimmer.

„Sie bleiben zu sehr in ihren Klischees hängen“, belehrt Klee die Fotografen. Es ist das Problem, mit dem die Prostituierten nach der Legalisierung ihrer Arbeit vor zweieinhalb Jahren zu kämpfen haben. „Die Frauen merken jetzt zwar, dass sie durch das Prostitutionsgesetz Rechte haben“, sagt sie. Nach und nach meldeten sich immer mehr bei Krankenkassen an oder beim Finanzamt. Aber viele Behörden würden das Entkriminalisierungsspiel nicht mitspielen. „Sie setzen sich nicht mit uns an einen Tisch“, sagt Klee. Die Finanzierung der Broschüre „Rechtliches ABC der Prostitution“ sei nicht einfach gewesen, das Bundesfamilienministerium wollte zunächst nicht als Geldgeber genannt werden. Auch die lästigen Sperrgebietsverordnungen blieben bestehen, berichtet Klee, und selbst im liberalen Berlin, wo es derlei bislang nicht gab, beginnen die Bezirke die Frauen mittels Baurecht zu drangsalieren. „Jedes kleine Zimmer soll behandelt werden wie eine Diskothek, vor der Gäste grölen“, sagt Klee. Vor dem Prostitutionsgesetz seien sie in Berlin eher ignoriert worden.

In West- und Süddeutschland nutzen dagegen einige Städte die neue Liberalität, um ihre Kassen zu füllen. Köln und Gelsenkirchen hätten eine Vergnügungssteuer eingeführt, berichtet Klee, nur für die Prostitution. Anderes Vergnügliches, wie Konzerte oder Fußball, sei steuerverschont geblieben. Stuttgart habe sich eine Pauschalsteuer ausgedacht. Pro Tag, den eine Frau in einem Bordell arbeitet, müssten die Betreiber 25 Euro abführen. Ein Bordell habe es geschafft, den Obolus auf 15 Euro zu reduzieren. „Wir bräuchten Rechtssicherheit“, findet Klee.

MAREKE ADEN