Der gebügelte Held

Berlinale-Star-Album (2): Clive Owen

Glatt sieht er aus, fein gebügelt, gebräunt. Clive Owen hat offensichtlich ausgeschlafen. Gerade sah man ihn zwei Stunden lang im Eröffnungsfilm des Wettbewerbs, „The International“, gegen Großbankenbösewichte kämpfen, rund um die Welt jetten, nie schlafen, nie essen und nie auch nur lächeln. Den Gesichtsausdruck dazu hat er sich beibehalten, trotz Glätte auf den ersten Blick. Stoisch sieht er aus, mit Hundeblick und Sorgenfalten wäre er das perfekte Hush-Puppies-Maskottchen.

Dass er so frisch wirkt, liegt eher an Regisseur Tom Tykwer, der neben ihm sitzt und viel eher so aussieht, als hätte er sich gerade weltweit Schießereien geliefert. So muss Tykwer sich als erstes auch die Frage gefallen lassen, ob er sich seine Hauptdarsteller immer danach aussucht, ob sie ihm ähnlich sehen. Beide teilen die Denkerfalten und die markigen Gesichtsecken. „Ich suche nach Identifikationsfiguren für alle, nicht nach persönlicher Ähnlichkeit“, sagt der Regisseur. Aber am Ende des Films würden sich ohnehin alle ähnlich sehen. Sein Darsteller lächelt, zum ersten Mal seit Stunden. Da kennt er auch die nächsten Fragen der Journalisten noch nicht.

Berlin, Mailand, New York, Istanbul, Luxemburg. Clive Owen kommt als Filmheld rum – und darf nun artig aufsagen, wie toll es war, in Istanbul zu drehen und in Mailand. Er dürfe auch in so schlechtem Englisch antworten wie sie, sagt die italienische Korrespondentin. Mach ich, sagt Owen. Und er kenne Mailand, sei oft zu Gast bei der Armani-Familie gewesen. Von denen ist wohl auch sein Anzug, der fein gebügelte. Tykwer wirkt dagegen fast verlottert. Wer hat da gegen wen gekämpft? Clive Owen jedenfalls hatte viele Schießereien im Film, alle überlebt. Ob er nun der Mann fürs Überleben bei ausweglos scheinendem Schusswaffengebrauch sei, wird er gefragt – auf Englisch, da klingt das besser. Nun, sagt Clive Owen, den Film habe er nur gedreht, weil Tom Tykwer Regie geführt hat. Das war nun etwas sehr glatt.

Der filmreife Satz: „Das ist wie in Beziehungen: Irgendwann sehen sich beide so ähnlich, dass man nicht mehr weiß, wer Männlein und wer Weiblein ist“ (Tom Tykwer). DANIELA ZINSER