UN-Einmarsch in Liberia

Weltsicherheitsrat beschließt Entsendung einer multinationalen Friedenstruppe. Erste Soldaten sollen heute in der umkämpften Hauptstadt Monrovia eintreffen. Kritik an Politik der USA

NEW YORK afp/dpa/epd/taz ■ Nach wochenlangen Kämpfen hoffen die Einwohner der liberianischen Hauptstadt Monrovia nun auf die Ankunft der ersten internationalen Truppen. Heute soll eine Vorhut von nigerianischen Soldaten dort eintreffen. Zuvor hatte der UNO-Sicherheitsrat am späten Freitagabend in einer Resolution die Entsendung einer multinationalen Eingreiftruppe nach Liberia beschlossen. Sie soll im Oktober von einer UN-Friedenstruppe abgelöst werden. Das Mandat nimmt Bezug auf Kapitel VII der UN-Charta, das auch den Einsatz von Waffengewalt erlaubt.

Hauptaufgabe der Eingreiftruppe wird sein, das am 17. Juni zwischen der Regierung von Präsident Charles Taylor und den Rebellen geschlossene Waffenstillstandsabkommen durchzusetzen. Taylor kündigte am Wochenende seinen Rücktritt für den 11. August an. Die Truppe setzt sich vorwiegend aus Soldaten der Mitgliedstaaten der Wirtschaftsgemeinschaft westafrikanischer Staaten (Ecowas) zusammen und steht unter Führung Nigerias. Die Vorhut, deren Stärke nach unterschiedlichen Quellen mit zwischen 750 und 1.500 Mann angegeben wird, soll später durch 2.000 weitere Soldaten aufgestockt werden.

Die Resolution, der heftige Diskussionen vorausgegangen waren, wurde mit 12 von 15 Stimmen angenommen. Deutschland, Frankreich und Mexiko enthielten sich. Sie machten völkerrechtliche Bedenken geltend, weil die von den USA eingebrachte Resolution US-Soldaten bei Verbrechen von der Verfolgung duch den Internationalen Stafgerichtshof ausschließt. „Dieser eine Paragraf hat nichts mit der multinationalen Truppe und nichts mit der Mission für Liberia zu tun“, kommentierte der deutsche UN-Botschafter Gunter Pleuger. US-Botschafter John Negroponte verteidigte den umstrittenen Absatz: „Dies ist ganz und gar nicht unüblich.“

Die Resolution sieht keine zwingende Beteiligung amerikanischer Truppen vor. Die Weigerung Washingtons, sich in Liberia stärker zu engagieren, führte übereinstimmenden Berichten zufolge zu scharfer Kritik in New York. Mehrere UN-Botschafter, darunter Pleuger, hätten während der Beratungen hinter verschlossenen Türen aus ihrer Haltung kein Hehl gemacht, hieß es. Allerdings beorderte US-Präsident George W. Bush drei US-Kriegsschiffe mit 2.300 Marineinfanteristen aus dem Mittelmeer vor die Küste Liberias und sagte finanzielle Hilfe für die Ecowas-Truppen zu.

Am Wochende flog die UNO erstmals Nahrungsmittel nach Monrovia. Am Samstag sei eine halbe Tonne Kekse eingetroffen, weitere elf Tonnen sollen in Kürze folgen, wie das UN-Welternährungsprogramm WFP gestern in Rom mitteilte. B.S.

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