Kämpferische Juristin im Einsatz für Saddam

Aischa Gaddafi, Tochter des libyschen Revolutionsführers, möchte Iraks Exdiktator vor der Todesstrafe retten

Aischa Gaddafi, Tochter des libyschen Revolutionsführers Muammar al-Gaddafi, hat Großes vor. Sie will den gestürzten irakischen Diktator Saddam Hussein vor dem Tode retten. Die Juraprofessorin an der Universität in Tripolis schloss sich dem 20-köpfigen Juristenteam unter der Leitung des Jordaniers Mohammed Raschan an, um dafür zu sorgen, dass Saddam Hussein „ein Verfahren bekommt, das, wie bei anderen Angeklagten auch, erst mal von seiner Unschuld ausgeht“.

Das Team, das am Tag nach der Festnahme Saddam Husseins durch US-Truppen von Saddams Familie mit dem Fall beauftragt wurde, setzt sich aus jordanischen, irakischen, französischen und britischen Anwälten zusammen. Die „libysche Claudia Schiffer“ wird die 26-jährige Gaddafi-Tochter oft genannt. Denn von Kopftuch oder Körperschleier hält sie nicht viel. Sie trägt das lange, blonde Haar offen, mag enge Blusen und Jeans und trägt Lippenstift und Lidschatten auch schon mal dick auf. Bei ihren Auslandsreisen macht sie immer wieder durch ihre rauschenden Diskothekennächte auf sich aufmerksam.

Doch das allein ist es nicht. Sie wäre nicht die Lieblingstochter Gaddafis, wäre sie ihrem Vater nicht auch geistesverwandt. So mischte sie sich immer wieder auf spektakuläre Weise in die Politik ein. In London brach sie vor ein paar Jahren alle Regeln des Protokolls und zog mit ihrem Tross von 30 Leibwächtern von einem zentral gelegenen Luxushotel in den Hydepark, um dort in der Speakers Corner eine Lobrede auf die „Freiheitskämpfer“ der irischen Untergrundorganisation IRA zu halten.

Auch in Sachen Irak war die kämpferische Frau schon früher unterwegs. Im Jahr 2000 flog sie als Chefin einer Delegation von 97 Männern mit einer Maschine voll Hilfsgütern von Tripolis nach Bagdad und brach damit gleich zweimal ein Luftembargo der UNO. Aischa Gaddafi lernte damals ihren künftigen Mandanten Saddam Hussein persönlich kennen.

Den Libyern ist Aischa Gaddafi vor allem als Vorsitzende der Wohltätigkeitsorganisation Aisha Charity bekannt. Trotz dieser relativ unbedeutenden Rolle in der Nomenklatura sehen einige Libyenkenner in ihr gar die Nachfolgerin ihres revolutionären Vaters. Von den Söhnen Saadi (30) und Saif (32) enttäuscht, könnte er auf seinen Liebling zurückgreifen. Saadi schmiss seine politische Karriere hin, um Profifußballer zu werden. Er spielt beim italienischen Erstligisten Peruggia, wo er mangels Talent meist die Bank drücken muss.

Und Saif al-Islam, „das Schwert des Islam“, hat zwar bei mehreren internationalen Geiselaffären vermittelt, schätzt aber auch sein Leben als Playboy. Der enge Freund des österreichischen Rechtsextremisten Jörg Haider machte sich in Libyen als Maler revolutionärer Collagen einen Namen. Sollte das Anwaltsteam zum Saddam-Prozess zugelassen werden, wird Aischa Gaddafi sicherlich bald international bekannter sein als ihre Brüder.

REINER WANDLER