In der Mädchenwelt

Frida Hyvönen sang ironische Songs im Admiralspalast

Frida schaut gelassen auf ihre Träumereien zurück. Sie waren naiv, na und?

Frida Hyvönen mag Tiere. Das lässt nicht nur der Leopardenlook ihres Rocks erahnen. Es ist Samstagabend, und im kleinen Saal 101 des Admiralspalasts spielt Frida das Piano und singt von Vögeln und Ponys. Zwei Musikerinnen begleiten sie, eine am Schlagzeug, die andere abwechselnd an der Bassgitarre und am Cello, auch sie in Raubkatzenoptik. Die Bühnenshow ist auf ein wenig rotes Licht reduziert, auf dem Flügel liegen ein paar Rosen aus Stoff. Mehr braucht die Schwedin nicht. Sie will keine Effekte, sie will, dass man ihr zuhört. Denn sie singt nicht nur, sie erzählt Geschichten. Und das Publikum rückt näher und lauscht gespannt jedem einzelnen Wort.

Was es zu hören bekommt, ist vielseitiger Pianopop. Fridas Stimme ist mal gewaltig und klar, mal zart und verspielt. Die Melodien schwelgen gerne in Melancholie, die aber immer rechtzeitig von Passagen frecher Leichtigkeit aufgefangen wird. Sie singt die Lieder ihres dritten Albums, „Silence is Wild“, das im vergangenen November bei Secretly Canadian erschienen ist. Doch hier auf der Bühne ist ihre Stimme nicht, wie auf der CD, mit Hall unterlegt. Sie klingt erdiger, lässt eine rauere Färbung durch. Das befreit von der etwas zu schweren Theatralik der Studioaufnahme.

Dennoch wäre man geneigt, von belangloser Rührseligkeit zu sprechen, gäbe es zu dieser Musik nicht auch Fridas Geschichten zu hören. Mit zynischer Ironie erzählen sie von Erlebnissen in Abtreibungskliniken und von Alltagstrivialitäten. Da ist zum Beispiel das Lied „Pony“, das sie nach eigener Auskunft geschrieben hat, als sie gerade in ein Pferd verliebt war. Und da ist „Dirty Dancing“, ein Song, in dem sie von dem gleichnamigen Film und ihrer Jugendliebe Jimmy singt. Jimmy war ein mittelloser Tänzer, der auf Vögel schoss, und Frida liebte nicht nur ihn, sondern auch die Vorstellung, einmal wie Baby und Johnny aus dem Film zu sein. Wenn sie, nach einem kurzen Innehalten, mit zurückgenommenem Tempo und aus voller Seele den Refrain schmettert, angelehnt an den Filmsong „Be My Baby“ von den Ronettes, versteht man, warum so viel Wucht in ihrer Musik liegen muss. Ihre aufgeregten Mädchenfantasien von Pferden und Tanzfilmen, ihre sentimentalen Wunschträume fordern trotz ihrer Naivität eine gewisse Ernsthaftigkeit. Dass daraus nicht purer Kitsch wird, dafür sorgt der Text, in dem die Sehnsüchte des Mädchens im nächsten Moment an nüchterner Alltäglichkeit zerschellen. Das ist nun allerdings kein bisschen tragisch. Denn die schelmisch dreinblickende Frida schaut mit ironischer Gelassenheit auf ihre Träumereien zurück. Sie waren naiv, aber das kann man sich leisten.

Frida Hyvönen scheint meist mit der Ich-Erzählerin ihrer Songs identisch zu sein, doch eigentlich geht es um eine Erfahrung, die sie mit vielen anderen teilt. Welche Glaubwürdigkeit sie damit schafft, verrät ein Blick ins Publikum. Das folgt gespannt den Erzählungen und sucht in Gedanken vielleicht gerade nach dem Jimmy in der eigenen Biografie. Und dabei stehen nicht nur Mädchen in der ersten Reihe. Wenn Frida zwischen den Songs mit kokett gespielter Ernsthaftigkeit ihren ohnehin völlig zerzausten Blondschopf zurechtrückt, verzeiht man ihr alle Sentimentalitäten. Mit einer rockigen Zugabe löst sich dann die andächtige Spannung der Zuhörer in erwärmende Ausgelassenheit auf. Am Ende sind Baby und Johnny wieder zu Frida und Jimmy geworden. Aber schön war es allemal. CILLI POGODDA