Aufbau und Selbstfindung

Die Veranstaltungsreihe „Horizonte“ widmet sich den Perspektiven der Menschen in einem souveränen Irak

Wie groß ist das demokratische Potenzial im Irak? Dieser Frage geht morgen im Kölner Allerweltshaus unter anderem Sadigh al Biladi nach, der seit Jahren als irakischer Exilant in Chemnitz lebt und im Mai sein Heimatland bereiste, um mit Vertretern zivilgesellschaftlicher Gruppen zu sprechen. Die Diskussionsrunde wurde initiiert von der Irakischen Gruppe Köln und bildet den Abschluss der „Horizonte“, einer Veranstaltungsreihe, bei der die Arbeit von Kölner Menschenrechtsaktivisten und Eine-Welt-Initiativen vorgestellt wird.

„Die neue irakische Übergangsregierung ist nicht der Endzustand, aber vielleicht ein erster Schritt“, schätzt Haitham Altaan von der Irakischen Gruppe Köln die derzeitige Situation ein. Der 43-Jährige floh 1996 mit Frau und Kindern aus dem Irak und lebt seither in Köln. Als Oppositioneller wurde er unter der Diktatur Saddam Husseins verfolgt und drei Jahre lang ins Gefängnis gesperrt. Noch heute leidet er körperlich und seelisch unter diesen Erfahrungen.

Altaan und seine vor acht Jahren gegründete irakische Gruppe sprechen sich gegen Krieg und Besatzung aus. Mit Bombenlegern und Selbstmordattentätern möchten sie aber keinesfalls in Verbindung gebracht werden. Altaan glaubt, dass die Iraker ihr Land selbst aufbauen können. „Die Iraker litten 30 Jahre unter der Diktatur, da ist es natürlich nicht leicht anzufangen. Wenn uns jemand helfen will, dann bitte ohne Panzer und Bomben. Was wir brauchen sind Bücher, Schulen, Fernseher, Straßen. Wir brauchen eigentlich erst mal zwei, drei Jahre Pause.“

Altaan steht in regem Kontakt zu Verwandten und Freunden in der Heimat. Er weiß, dass neben der Infrastruktur auch die Menschen wieder aufgebaut werden müssen. „Die Leute haben einen großen Wissensdurst. Sie gehen ins Internetcafé, und wenn neue Bücher auf den Markt kommen, sind sie innerhalb von einem Tag ausverkauft. Die Menschen müssen sich doch eine Meinung bilden können.“ Neben der politischen Arbeit möchte die Irakische Gruppe Köln auch deutlich machen, dass ihr Land nicht nur für Krieg und Diktatur steht. „Wir wollen unsere Kultur zeigen: Musik, Kunst, Kino. Auch das ist Irak.“ Oliver Minck

„Volle Souveränität für den Irak – jetzt oder nie?“ Samstag, 20 Uhr, im Kölner Allerweltshaus, Körnerstr. 77-79