Marathonläufer gewinnt den Chef-Sprint

Der neue Siemens-Vorsitzende heißt Klaus Kleinfeld – und er ist für die 40-Stunden-Woche verantwortlich

Der amtierende Siemens-Chef Heinrich von Pierer hat wieder einmal elegant ein Problem gelöst – diesmal seine Nachfolge. Schon Ende Januar soll der neue sein Amt antreten. Es ist Klaus Kleinfeld, der 46-jährige Shooting-Star des Konzerns. Damit ist das interne Scharren um die Nachfolge geregelt, lähmende Managerfehden sind vermieden.

1957 in Bremen geboren, Betriebswirtschaft und Wirtschaftspädagogik studiert, nach der Promotion beim Nürnberger Institut für Empirische Sozialforschung begonnen: nicht der typische Start für einen Konzernchef. 1987 geht er dann zu der Firma, die ihn nun bis zur Rente halten wird: Er fängt als Referent im Werbungs- und Designbereich von Siemens an.

Siemens war ein Weltkonzern, allerdings ein behäbiger. Langfristiges Business wie Atomkraftwerke, Turbinen oder Staatsaufträge für Rüstung bestimmen das Geschäft. Daneben gab es natürlich noch die Finanzsparte, elektronische Bauteile aller Art, Lampen und und und. Bei direkten Konkurrenten wie General Electric herrschten damals schon Chefs mit Beinamen wie „Neutron Jack“, die radikal alle Sparten auf Gewinnsteigerung trimmten. Siemens fand, mehr Profit aus seinem Gemischtwaren holen zu müssen.

Den Kurs gab zwar von Pierer vor. Aber eine der Schlüsselpositionen im Management ging an Klaus Kleinfeld. Er leitet ab 1995 die Siemens Unternehmensberatung, später das konzernweite Umbauprogramm „Top-Plus“. Damit berichtete er ständig an Pierer. Von seinen Fähigkeiten hing ab, ob die Widerstände im Konzern gegen allgegenwärtige Umstrukturierungen und eine neue Führungskultur überwunden werden können. Es war eine typische Schleudersitzaufgabe für mittlere Manager: Wer sie gut löst, ist für höhere Weihen vorgesehen; wer nicht, wird auf einem netten Posten entsorgt.

Doch Kleinfeld reüssiert offensichtlich. Von Pierer ist beeindruckt von dem jungen Mann, im Jahr 2000 gibt er ihm den Vorstand der Sparte Medizintechnik. Zu der Zeit sind eigentlich andere für die Nachfolge von Pierers im Gespräch: Der Chef der Chipsparte Infineon Ulrich Schumacher ist nach seinem erfolgreichen Börsengang der Held, verscherzt es sich aber durch autoritären Führungsstil mit Kollegen und Arbeitnehmern. Oder der heutige Konzernvorstand für Strategie, Johannes Feldmayer: ein Siemens-Gewächs seit der Lehre, erfolgreich in vielen Konzernsparten.

Kleinfeld stach sie alle aus mit einem weiteren Risikojob. Pierer schickt ihn 2001 in die USA, weil die Siemens-Manager dort die Verluste nicht in den Griff bekamen. Innerhalb von zwei Jahren macht Kleinfeld aus jährlichen 600 Millionen Dollar minus 600 Millionen Dollar plus. Danach beruft ihn Pierer in den Konzernvorstand. Und Kleinfeld wendet hier an, was er in den USA gelernt hat. So setzte er jüngst die schlagzeilenträchtige 40-Stundenwoche in den Werken Bottrop und Kamp-Linfort durch. So einen lässt man nicht in der zweiten Reihe. REINER METZGER