Arme Väter zahlen volle Alimente

Karlsruhe: Kindergeldabzug nur, wenn der Unterhalt die Existenz des Kindes sichert

FREIBURG taz ■ Gering verdienende Väter müssen weiter ganz oder teilweise auf Kindergeld verzichten, um das Existenzminimum des Kindes zu sichern. Dies entschied das Bundesverfassungsgericht. Zugleich forderte das Gericht den Gesetzgeber auf, das Unterhaltsrecht zu prüfen und verständlicher zu gestalten.

Bei getrennt lebenden Eltern wird das Kindergeld an den Elternteil gezahlt, bei dem die Kinder leben, in der Regel der Mutter. Der Vater kann aber die Hälfte des Kindergeldes vom Unterhalt abziehen. Zu Jahresbeginn 2001 wurde diese Regelung verschärft. Seitdem können Väter das Kindergeld nur noch dann abziehen, wenn sie einen Unterhalt zahlen, der das Existenzminimum des Kindes deckt. Nach Angaben des Verfassungsgerichts trifft diese Regelung vor allem Unterhaltspflichtige mit einem Einkommen von weniger als rund 1.800 Euro.

In der Folge mussten viele Väter von einem Tag auf den anderen viel mehr Unterhalt zahlen. Ein Vater ging durch die Instanzen und erhob Verfassungsbeschwerde. Auch das Amtsgericht im sächsischen Kamenz bat Karlsruhe, die Sache zu prüfen. Gering verdienende Väter würden gegenüber besser verdienenden Vätern benachteiligt, so die Kritik. Der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts hat die gesetzliche Neuregelung nun aber bestätigt. Im Interesse des Kindes könne von gering verdienenden Vätern verlangt werden, ihren Anteil am Kindergeld für die Unterhaltszahlungen einzusetzen. Zugleich kritisierte das Verfassungsgericht, dass im Bürgerlichen Gesetzbuch die Berechnung des Existenzminimums eines Kindes nicht klar geregelt sei. Überhaupt werde das Unterhaltsrecht dem Grundsatz der „Normenklarheit“ kaum noch gerecht. (Az. 1 BvL 1/01 u.a.)

CHRISTIAN RATH