Der Sidekick

Berlinale-Star-Album (5): Steve Buscemi

Steve Buscemi ist der Nebendarsteller. Einer für die kaputten Typen, die immer am Rande des Wahnsinns zappeln. Seit „Fargo“ ist er der paranoide Sidekick, der jeden Film veredelt. Vielleicht ist er es wegen seiner Augen, von denen jedes etwas in einer anderen Richtung zu fixieren und schon so viel gesehen zu haben scheint. Auch die unfassbar schlechten Zähne passen eben besser zum Serienkiller als zum Liebhaber.

In dem Wettbewerbsbeitrag „Rage“ der Regisseurin Sally Potter schießt Buscemi nicht mit der Kanone, sondern mit der Kamera. Er spielt einen Fotografen, für den immer Krieg ist, egal ob er Modeschauen in New York festhält oder Straßenkämpfe im Irak. Einer, der nie still sitzen kann. Der Film zeigt jeden Schauspieler einzeln im Interview vor der Bluebox, er fixiert die Gesichter, leuchtet sie gnadenlos aus. Steve Buscemi wirkt dadurch noch fertiger, noch wahnsinniger, noch kaputter. Zwei Tage lang hat er mit Sally Potter allein gedreht, die anderen Schauspieler traf er auf der Berlinale zum ersten Mal. Nicht alle jedoch, Judi Dench und Jude Law etwa fehlten, und damit war Buscemi der Star der Pressekonferenz. Ungern allerdings.

„I am not the press conference typ of guy“, antwortet Buscemi auf die erste Frage. Pressekonferenzen also mag er nicht, und die Frage, ob er in seiner Rolle aus den Kritiken zitiert, die er über sich gelesen hat, ignoriert er lieber. „Kann ich nicht einfach sagen, dass es sehr nett war, bei diesem Film mitzumachen, und dass es sehr befriedigend war, einen Fotografen zu spielen?“ Applaus. Den Film hat er erst zur Hälfte gesehen, die DVD war kaputt. Und er freut sich, ausführlich, über die Arbeit mit Sally Potter, über die Bekanntschaft mit den anderen Darstellern und darüber, all die Journalisten zu sehen. „Thank you very much.“ Dann fällt er in den Stuhl zurück.

Er sitzt erstaunlich ruhig, nur die Augen fixieren etwas im Raum links und rechts. Als Sally Potter von Jude Law spricht, lächelt er, die Zähne stehen so schief wie die Augen. Am Ende lässt er sich sogar noch zu einer Anekdote hinreißen. Um einen Paparazzo möglichst lebensnah zu spielen, hat er mal einen echten begleitet. Verkleidet allerdings: mit wirren Haaren, Creme im Gesicht, die die Wangen heller und hohler machen sollte, und einem Kissen unter dem T-Shirt. Damals hieß es nur: Mann, sah Buscemi kaputt aus heute.

Der filmreife Satz: „Frauen sind menschliche Wesen im Fummel.“ Sally Potter definiert die Geschlechter. DANIELA ZINSER