Grüne säen Zweifel

Die Ökopartei fürchtet, dass beim Verkauf der landeseigenen Stadtgüter allein der Preis entscheidet. Sie pocht darauf, dass die neuen Betreiber der Bauernhöfe ökologisch gentechnikfrei arbeiten

VON STEFAN ALBERTI

Dass das Land Berlin nicht Milchbauer sein muss, ist wenig strittig. Ganz anders sieht es mit den Bedingungen aus, unter denen die acht landeseigenen Stadtgüter verkauft werden sollen. Die Grünen fürchten, dass der Senat auf ökologische Bewirtschaftung und Gentechnikverbot verzichtet, um einen höheren Verkaufspreis zu bekommen.

Es ist wenig bekannt, aber Fakt: Dem Land gehören acht große Güter im Umland mit rund 250 Beschäftigten, 6.000 Milchkühen und 15.000 Hektar landwirtschaftlich genutzter Fläche. Zusammengelegt sind sie so groß wie Berlins größter Bezirk Treptow-Köpenick. Die Güter im Brandenburgischen kamen seit dem Ende des 19. Jahrhunderts in Stadtbesitz, aus später volkseigenen Betrieben wurde nach der Wende die landeseigene Betriebsgesellschaft Stadtgüter.

Fast 15 Jahre nach dem Fall der Mauer ist für Lisa Paus, wirtschaftspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, spätestens der Zeitpunkt gekommen, damit Schluss zu machen: „Es macht keinen Sinn, dass das Land Berlin nach wie vor der größte Milchbauer Deutschlands ist.“ Zumal die Stadtgüter Miese machen. Geschäftsführer Peter Hecktor geht zwar davon aus, nächstes Jahr aus den roten Zahlen rauszukommen. Aber 2002 und 2003 gab es zusammengerechnet 5,4 Millionen Euro Defizit .

Auch für den rot-roten Senat ist Landwirtschaft keine hoheitliche Aufgabe, schon die große Koalition aus CDU und SPD sah das so. Die strebte an, die Güter bis Ende 2001 zu privatisieren. Verkaufsgespräche liefen an, zogen sich hin, scheiterten schließlich im Herbst 2003. Letztes Gebot waren nach Angaben der Stadtgüter 7,5 Millionen Euro.

Nicht unter diesem Betrag soll die Summe sein, die der Verkauf nun im zweiten Anlauf bringen soll, ist von Stadtgüter-Chef Peter Hecktor zu hören. Bei ihm rennen die Grünen mit ihrer Forderung nach einem Gentechnikverbot offene Türen ein. Bloß steht davon laut Paus nichts in den Ausschreibungsunterlagen. Auch ökologische Landwirtschaft – artgerechte Tierhaltung, keine chemischen Düngemittel – ist darin kein Muss, obwohl sich das Abgeordnetenhaus darauf als Kriterium festlegte. Mindestens zwei Güter sollen auf diese Bewirtschaftung umgestellt werden.

In der Senatsverwaltung für Wirtschaft gibt man sich zurückhaltend, verweist auf die nächste Sitzung des zuständigen Parlamentsausschusses Ende August. Ein Gentechnikverbot solle zwar in die Verträge aufgenommen werden, doch die Texte seien noch nicht endgültig. Zudem heißt es, die EU-Erweiterung nach Osten mache es über höheren Angebotsdruck nicht leichter für Ökobauern. Die könnten beim Preispoker nicht mithalten, befürchten die Grünen und fordern, dass beim Verkauf der Stadtgüter nicht allein das höchste Angebot den Ausschlag geben dürfte.

Die Grüne Paus sieht Vorbilder für ihre Forderung, ein Gentechnikverbot festzuschreiben. Sie verwies auf Pachtverträge der evangelischen Landeskirche, die eine solche Klausel beinhalten würden. In Brandenburg existiere seit April die „gentechnikfreie Region Spreewald“. Bundespolitisch ist die Zukunft der Gentechnik in der Landwirtschaft weiter offen. Im Bundesrat wiesen am Freitag Politiker von SPD und Grünen darauf hin, dass der Gen-Einsatz „irreversible Folgen“ habe und es sich um eine nicht zurückholbare Technik handele. 70 Prozent der Bundesbürger würden zudem Gentechnik in der Landwirtschaft ablehnen.