Kein Platz für Aufrührer beim RBB

Jürgen Schäfer, Vertreter der freien RBB-Mitarbeiter, verliert nach zwölf Jahren seinen Job in der Rundfunkanstalt. Seinen Vorgesetzten war er offenbar zu engagiert

Unbequeme Mitarbeiter haben es derzeit schwer beim Rundfunk Berlin-Brandenburg: Jürgen Schäfer, seit zwölf Jahren Nachrichtenredakteur im RBB-Hörfunk, Mitbegründer der Freienorganisation RBB-Pro und Ver.di-Freienvertreter in den laufenden Tarifverhandlungen, wird ab Anfang nächsten Jahres nicht mehr beim RBB beschäftigt. Rund 200 Kollegen haben gestern anlässlich der vierten Tarifverhandlungsrunde gegen diese Maßnahme protestiert. „Jürgen Schäfer muss gehen, weil er politisch unbequem war und sich zu laut für seine Kollegen eingesetzt hat“, sagt ein Mitglied der Freienvertretung RBB-Pro. „Die Geschäftsführung kennt offenbar keine Anstandsgrenze. Wenn Jürgen gehen muss, geht es uns allen an den Kragen.“

Seit der Fusion von ORB und SFB am 1. Mai 2003 müssen viele der rund 2.700 freien Mitarbeiter um ihre ohnehin unsicheren Arbeitsverhältnisse fürchten. Nach sechs Jahren Beschäftigung müssen die Freien laut Vertrag eine sechsmonatige Zwangspause einlegen, bevor sie neue Verträge erhalten können. So sollen einklagbare Ansprüche auf eine Festanstellung vermieden werden. „In den vergangenen Monaten wurden diese Zwangspausen vermehrt dazu genutzt, Freie gar nicht weiter zu beschäftigen“, erzählt ein weiteres Mitglied von RBB-Pro. Im Haus herrsche eine autoritäre Stimmung wie in keiner anderen ARD-Anstalt.

Für Jürgen Schäfer ist das gesamte Verfahren „unsäglich“: „Angeblich gibt es für Nachrichtenredakteure wie mich keine Zukunft mehr im Hörfunk. Die Chefredakteure wollen nur noch junge Leute, die Radio hauptsächlich als Marketingmaschine begreifen. Politische Fachkompetenz ist nicht mehr gefragt.“ Seine Versuche, an anderer Stelle im Haus beschäftigt zu werden, scheiterten. „Ich kann mir kaum vorstellen, dass bei einem Personaletat von 137 Millionen Euro für einen kompetenten und langjährigen Mitarbeiter keine Stelle gefunden werden kann“, sagt Hanne Daum (Ver.di).

Viele Redaktionen des RBB bestehen zu beinahe zwei Dritteln aus freien Mitarbeitern, „trotzdem werden die Freien wie eine Verfügungsmasse behandelt, mit der man alles machen kann“, sagt Schäfer. Für sein Engagement in RBB-Pro, der inzwischen mehr als 600 Freie angehören, musste sich Schäfer von Vorgesetzten als „Aufrührer“ beschimpfen lassen.

Die RBB-Führung zeigte sich von der gestrigen Protestaktion jedenfalls wenig beeindruckt: Ob der großen Menge an Protestlern herrschte vor allem Sorge, der für die Tarifverhandlung bestellte Kaffee könnte nicht rechtzeitig geliefert werden. Jürgen Schäfer selbst nahm an der Aktion nicht teil: Er hatte zu dem Zeitpunkt Redaktionsdienst bei Radio Eins. „Solange ich hier noch arbeiten darf, arbeite ich auch“, lies er seinen Kollegen ausrichten. ALENA SCHRÖDER