Howards Rettungsring

Boat People sollen Australiens konservative Regierung retten, die bisher gegen Flüchtlinge mobilisierte

MELBOURNE taz ■ „Keiner dieser Bootsflüchtlinge wird jemals den Fuß auf australischen Boden setzen“, versprach der konservative Premierminister John Howard im letzten Wahlkampf 2001. Es war kurz nach den Terrorangriffen in den USA vom 11. September, als die meisten Australier verängstigt in jedem Flüchtling aus Afghanistan, Irak oder Afrika einen Terroristen vermuteten und Australiens konservative Regierung die unwillkommenen Asylbewerber in abgelegenen Lagern zwangsinternierte oder einfach deportierte.

Diese „Angstpolitik“, die Howard vor drei Jahren siegen ließ, ist gestern flexibler geworden. Denn jetzt erhofft sich seine Regierung Vorteile bei den bis Jahresende abzuhaltenden Wahlen von der Aufgabe des harten Kurses. Einwanderungsministerin Amanda Vanstone verkündete, für die bisher 9.500 Asylbewerber, die nur eine Duldung haben, soll die Beantragung einer Daueraufenthaltsrechts wesentlich erleichtert werden. Künftig können sie den entsprechenden Antrag in Australien stellen und müssen nicht mehr dafür persönlich in die Heimat zurückkehren. Eine Daueraufenhaltsgenehmigung beinhaltet dann auch das Recht auf Sozialleistungen und die Möglichkeit, die Familie nachzuholen.

Vanstone gab zu, dass die Neuregelung nicht für alle Asylbewerber gilt, sondern nur für solche Geduldeten, die als Flüchtlinge anerkannt werden. Wer diesen Status nicht erhält, muss nach wie vor Australien verlassen. Allerdings soll dafür eine Frist von 18 Monaten gesetzt und eine bis zur Ausreise geltende Aufenthaltsgenehmigung erteilt werden.

Die Änderung ist auf Hinterbänkler aus den Parteien der Regierungskoalition zurückzuführen, die bei den anstehenden Wahlen um ihre Sitze fürchten. Denn in ihren Wahlkreisen sind die bisher nur für maximal drei Jahre geduldeten Flüchtlinge inzwischen zum Wirtschaftsfaktor geworden. Vor allem auf Farmen und Obstplantagen leisten sie Arbeiten, für die sonst kaum jemand zu finden ist.

In der Bevölkerung wächst auch der Druck für die Freilassung der noch in Lagern zwangsinternierten Asylbewerber, vor allem ihrer Kinder. Die Regierung hat endlich nachgegeben und siedelte fast alle Kinder in Gemeinschaftshäuser um. Vanstone bestritt vor Pressevertretern, die neue Regelung bedeutete ein „Aufweichen“ des bisherigen Kurses, der Flüchtlingen möglichst den Zugang zu australischen Hoheitsgewässern verwehren will. BORIS B. BEHRSING