DDT im Frühstücksei

An das traurige Schicksal Gastons erinnert sich noch jeder. Dem Seehund aus dem Prager Zoo, den das Elbhochwasser in der Nacht zum 14. August 2002 hinweggespült hatte, war das Bad schlecht bekommen. Nach tagelanger Odyssee verstarb er auf dem Rücktransport von Wittenberg nach Prag. An Erschöpfung, lautete die offizielle Erklärung. Doch kann es auch andere Gründe für Gastons rasches Ableben gegeben haben.

Nimmt man eine im Juni vom tschechischen Umweltministerium veröffentlichte Studie der staatlichen Veterinärverwaltung in Augenschein, dann lässt Gastons Tod Raum für Spekulationen. Darin geht es um die Gemeinde Libiš in der Nachbarschaft des 2002 komplett überfluteten Chemiewerks Spolana bei Neratovice. Wissenschaftler untersuchten dort jedes Hühnerei und jeden in der Elbe bei Libiš gefangenen Fisch. Das Ergebnis verdirbt die Lust auf diese Leckereien. Keine einzige Probe war den Untersuchungen nach in Ordnung. Neben Eiweiß und Vitaminen fanden die Wissenschaftler darin Quecksilber und DDT.

Dass Gaston an den Giften der von ihm verschluckten Elbfische gestorben sein könnte, bleibt dahingestellt. Fakt ist jedoch, dass bei Spolana auch ein Jahr nach der Überflutung Gifte in der Nahrungskette nachweisbar sind. Spolana-Sprecher Jan Martinek kommentierte die unappetitlichen Ergebnisse im Radio Česky Rozhlas: „Auf jeden Fall wissen wir heute, dass man das Hochwasser und die gegenwärtige Kontamination in der Umgebung von Spolana in keinen Zusammenhang bringen kann. Denn alle Giftstoffe können sich in dieser kurzer Zeit gar nicht in Eiern und Fischen ablagern.“

Zwar wurden während der Flut tausende Tonnen chemikalischer Substanzen vom Wasser mitgerissen. Doch schon vor dem Elbhochwasser war der Schadstoffgehalt im Boden von Spolana äußerst bedenklich. Die um ein Vielfaches höhere Konzentration von Quecksilber und Dioxin hatten Experten von Greenpeace schon im November ausführlich untersucht. Die Regierung ging jedoch bisher nicht darauf ein. Erst jetzt suchte sie 60 Testpersonen für eine Langzeituntersuchung aus. An den Versuchspersonen – allesamt Nichtrauchern und Nachbarn Spolanas – soll besonders die Wirkung erhöhter Dioxinwerte im Alltag untersucht werden.

Während die Regierung mit Missständen um Spolana nicht fertig wird, haben die Ministerien bisher mit Hilfe aus- und inländischer Spenden 80 Prozent der beschädigten Gebäude in den 963 überfluteten Städten und Dörfern entlang von Moldau und Elbe aus den Fluten auferstehen lassen. Keine allzu schlechte Bilanz. Für die Menschen in Libiš verändert sich allerdings nichts. Die schlummernde Gefahr vergifteter Lebensmittel bleibt.

KATHARINA KORELL