debatte: neuer anfang für regionale arbeitsmarktpolitik
: Rot-Grün hat in Bund und Land versagt

Die Neustrukturierung macht eher den Eindruck von blindem Aktionismus statt von überlegter Arbeitsmarktpolitik

Wir brauchen in Nordrhein-Westfalen dringend eine Neuausrichtung der Arbeitsmarkt- und Wirtschaftspolitik. Die Bilanz, die die Agentur für Arbeit in jedem Monat für das Land NRW vorlegt, ist bedrückend. Die Arbeitsmarktdaten von Juni belegen, wie erschreckend schlecht hier in Nordrhein-Westfalen das Verhältnis von Arbeitssuchenden und offenen Stellen ist. Zur Zeit sind bei der Agentur für Arbeit 57.000 offene Stellen gemeldet. Es suchen aber über 880.000 Menschen in NRW Arbeit, mehr als 40 Prozent davon schon seit über einem Jahr.

Die Ursachen sind klar: schwaches Wachstum im weltweiten, europäischen und innerdeutschen Vergleich, zu wenig erstklassige Innovation, zuviel Bürokratie, zu hohe Arbeitskosten bei dennoch geringem frei verfügbaren Einkommen vieler Arbeitnehmerfamilien, zu wenig Flexibilität am Arbeitsmarkt. Die rot-grünen Regierungen in Bund und Land haben mit ihrer Arbeitsmarktpolitik versagt. Sie haben es nicht vermocht, für Rahmenbedingungen zu sorgen, die es lohnenswert machen, zu investieren und neue Arbeitsplätze zu schaffen. Darauf will die Landesregierung jetzt durch Zusammenfassung der bisher 30 Arbeitsmarktregionen und Regionalsekretariate zu nur noch 16 Regionalkonferenzen zum 1. August reagieren.

Grundsätzlich ist es richtig und von der CDU stets gefordert worden, regionale Stärken und Schwächen in die Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik einzubeziehen und Cluster zu bilden, um die Wettbewerbsfähigkeit des Landes zu steigern. In Zukunft muss bei der Arbeitsmarkt- und Wirtschaftspolitik der Grundsatz gelten, nicht alles überall ein bisschen zu fördern, sondern das Notwendige an der richtigen Stelle. Nimmt man die Regionalisierung ernst, muss die Entscheidung darüber, was richtig und notwendig ist, vor Ort getroffen werden. SPD-Arbeitsminister Harald Schartau lässt demgegenüber eine Absicht zur Zentralisierung erkennen. Dafür spricht auch, dass die zur Verfügung stehenden Mittel in Zukunft nicht mehr als Summe in die Regionen gegeben werden sollen, um dort in eigener Verantwortung verteilt zu werden. Das Ministerium will sich statt dessen die Entscheidung über die Förderung in jedem Einzelfall selbst vorbehalten, die Regionen können nur noch Vorschläge machen. Statt einer pauschalierten Förderung der Regionen soll es also eine zentral gesteuerte Projektförderung geben. Das widerspricht aber dem Prinzip der Eigenverantwortung der Regionen. Dazu kommt, dass die Umstrukturierung – wie diese Zeitung berichtete – noch längst nicht in allen Regionen soweit fortgeschritten ist, dass von einer Arbeitsaufnahme der geplanten neuen Regionalsekretariate bis Anfang August die Rede sein könnte. Das könnte schlimmstenfalls bedeuten, dass die dringend benötigten Fördermittel der Europäischen Union wegfallen und damit die laufenden Förderprogramme abgebrochen werden müssen.

Insgesamt machen die Neustrukturierung und der knappe zeitliche Rahmen zu ihrer Umsetzung bisher eher den Eindruck von blindem Aktionismus statt von wohlüberlegter und stringent konzipierter Arbeitsmarktpolitik. Damit ist niemandem geholfen, weder der Wirtschaft noch den vielen Arbeitssuchenden. Für eine echte regionale Neuordnung ist noch viel zu tun. RUDOLF HENKE