DANK HOLGER PFAHLS GERÄT WOHL DIE CDU/CSU WIEDER UNTER DRUCK
: Die Lawine rollt

Nein, hat der frühere Bundeskanzler Helmut Kohl vor dem Parteispenden-Untersuchungsausschuss gesagt, der Herr Pfahls sei in seiner Zeit als Staatssekretär im Verteidigungsministerium niemand gewesen, „der sozusagen bei mir ein und aus ging“. Im Gegenteil, er habe großen Wert auf Distanz zu Herrn Pfahls gelegt.

Allein diese Einschränkung ist geeignet, einiges Misstrauen auszulösen. Warum wollte denn Helmut Kohl so wenig mit dem einst von Franz Josef Strauß nach Bonn entsandten Spitzenbeamten zu tun haben? Weil er möglicherweise wusste, dass der nun verhaftete Ludwig-Holger Pfahls beim Verkauf von Spürpanzern nach Saudi-Arabien ebenso eine zwielichtige Rolle gespielt haben dürfte wie beim Verschachern der Leuna-Raffinerien an den französischen Elf-Konzern? Dass er vielleicht Bestechungsgelder in Richtung Regierung weitergeleitet hat?

Bislang muss man solche Vermutungen mit einem Fragezeichen versehen. Wenn Pfahls tatsächlich über seine Beteiligung an diversen Affären aussagen sollte, dann ist es egal, ob er das vor einem Gericht oder vor einem neuen Untersuchungsausschuss tut. Vor seinen Aussagen, das dürfte feststehen, müssen viele zittern – und wenn er erst mal auspackt, könnte manch anderer, auch aus der Regierung Kohl, ebenfalls sein Schweigen brechen. Wenn eine Lawine erst mal in Gang kommt, ist sie nicht zu stoppen.

Hinzu kommt, dass die kanadischen Behörden einem Auslieferungsantrag für den Waffenhändler Karlheinz Schreiber zugestimmt haben, der ebenso wie Pfahls eine Schlüsselfigur in den Vorgängen um Leuna, Spürpanzer, Spendenaffäre und Max-Strauß-Prozess darstellt. Auch wenn sich Schreiber juristisch gegen seine Auslieferung wehrt, könnten bald mehrere Verfahren neu aufgerollt werden.

Eines haben sie alle gemeinsam, wie der Grüne Hans-Christian Ströbele gestern in einem Interview angemerkt hat: Letztlich geht es um die Frage, ob die Bundesregierung unter Helmut Kohl auf ministerieller Ebene bestechlich war. Das hat Kohl stets bestritten. Die Regierung sei nie käuflich gewesen. Schön, wenn es so war. Wir wüssten gern mehr darüber. JÖRG SCHALLENBERG