Schwerer Aufruhr in Basra

In der südirakischen Stadt protestieren Bewohner gegen den Zusammenbruch der Energieversorgung bei Temperaturen von 50 Grad. Es kommt zu Zusammenstößen mit den britischen Besatzungstruppen. Die Ursachen für den Mangel sind vielfältig

aus Bagdad INGA ROGG

In der südirakischen Stadt Basra ist es gestern den zweiten Tag in Folge zu Protesten gegen die fehlende Stromversorgung gekommen. Die britischen Besatzungstruppen versuchten mit einem starken Militäraufgebot in den Straßen der Zweimillionenstadt, die Unruhen unter Kontrolle zu bringen. Sie feuerten Warnschüsse ab. Mindestens zwei Iraker trugen Schussverletzungen davon. Aus Protest gegen die Engpässe zündeten hunderte Iraker Autoreifen an, demolierten Autos und blockierten Hauptstraßen mit brennenden Autoreifen.

Seit Tagen muss die Bevölkerung bei Temperaturen über 50 Grad so gut wie ohne Elektrizität auskommen. Der Sprecher der Coalition Provisional Authority (CPA) in Bagdad, Charles Heatley, macht dafür eine Überlastung der maroden Infrastruktur infolge des zusätzlichen Energiebedarfs im August sowie Sabotageakte verantwortlich. Hinzu komme die Dieselknappheit.

„Es ist ein Teufelskreis“, sagt Heatley in Bagdad. Man werde alles unternehmen, um diesen Teufelskreis zu durchbrechen. Seit Ende des Krieges kämpft die Koalition mit Sabotageakten auf Einrichtungen der Energie- und Wasserversorgung und dem Schmuggel von Diesel. Vergangene Woche wurde am Schatt al-Arab ein Tanker gestoppt, der 500 Kubikmeter Rohöl geladen hatte. Das Öl sei konfisziert und die Besatzung festgenommen worden, sagte Heatley.

Dies ist kein Einzelfall. Wie auch schon früher werden Ölleitungen angezapft und das kostbare Gut in Tankern über die Grenze gebracht. Beobachter in Basra gehen davon aus, dass hinter den Sabotageakten und der Schmuggelwirtschaft organisierte Banden stehen, in die auch Mitarbeiter des ehemaligen irakischen Geheimdienstes verwickelt sind, die die Schattenwirtschaft schon vor dem Krieg kontrollierten. Zudem sollen Kuwaitis, aber auch Iraner zu der Misere beitragen.

Am Samstag hatte eine wütende Menge in Basra Autos mit kuwaitischen Nummernschildern angegriffen. Augenzeugen berichteten, dass britische Soldaten mit Gummigeschossen gegen die aufgebrachte Menge vorgegangen sei. Die britische Armee werde Diesel aus ihren eigenen Beständen verteilen und neue Gasturbinen ins Land bringen, um dem Problem kurzfristig zu begegnen. Um die landesweite Unterversorgung mit Strom zu beheben, werde es aber noch Jahre brauchen.

Unterdessen hat eine Gruppe militanter Islamisten am Samstag in einer vom arabischen Satellitenkanal al-Arabia übertragenen Videoaufzeichnung zu Anschlägen auf die Koalitionstruppen im Irak aufgerufen. Zugleich bezeichnete sie den Anschlag auf die jordanische Botschaft in Bagdad als Sabotageakt von Verrätern, die damit den „Widerstand gegen die Besetzung untergraben“ wollen. Bei dem bislang schwersten Anschlag auf eine zivile Einrichtung im Irak wurden am Donnerstag 17 Menschen getötet und mehr als 50 verletzt. Nach eigenen Angaben steht die Gruppe mit bisher unbekannten Organisationen wie „Die weiße Fahne“, „Muslimische Jugend“ und „Mohammeds Armee“ in Falludscha, Bagdad und Bakuba Verbindung zu stehen.

Verschiedene islamistische Gruppen haben sich in den vergangenen zwei Monaten über arabische TV-Sender angeblich aus Falludscha zu Wort gemeldet und zum Widerstand gegen die dort stationierten Amerikaner aufgerufen. Die Lage in der westlich von Bagdad gelegenen Stadt beruhigte sich erst, als die Amerikaner einwilligten, ihre Präsenz zu reduzieren und die Sicherheitskontrolle weitgehend der irakischen Polizei zu überlassen.