Mit dem Rad zur Entwicklungshilfe

Ein Hamburger Geograph will Afrika ins Rollen bringen. Als Berater unterstützt er das Erste Afrikanische Fahrrad-Informationszentrum (FABIO) in Jinja, der zweitgrößten Stadt Ugandas und organisiert Infoabende in Europa

„Viele fürchten, dass Frauen beim Fahren ihre Jungfräulichkeit verlieren“

von MAREIKE ADEN

Das Fahrrad ist das meistgebaute Transportmittel der Welt. Doch in Afrika fristet es ein Nischendasein. Während viele Regierungen eine Luxussteuer von bis zu 45 Prozent auf Fahrräder erheben, hat es in der Bevölkerung den Ruf eines Fahrzeuges für arme Leute. „Dabei könnte es für die Entwicklung des Gebietes südlich der Sahara eine große Rolle spielen“, sagt Patrick Kayemba aus Uganda. Der 35-Jährige ist Programm-Manager des First African Bicycle Information Office (FABIO), das den Gebrauch des Fahrrades in Uganda, sowie langfristig in ganz Afrika, verbreiten will.

Um dies zu erreichen, subventioniert FABIO Familien den Fahrradkauf, setzt sich für den Bau von Radwegen ein, fördert die Verbreitung von Fahrrad-Taxis und versucht die Regierung zu überzeugen, die Steuer abzuschaffen. Außerdem muss Aufklärungsarbeit geleistet werden: „Viele fürchten, dass Frauen beim Fahren ihre Jungfräulichkeit verlieren und unfruchtbar werden“, erzählt Programm-Organisator Richard Kismaddu. Als Modellstadt hat die Organisation sich Jinja, die zweitgrößte Stadt Ugandas, ausgesucht.

Die beiden Männer aus Uganda reisen derzeit durch Europa, um „mehr Menschen auf unser Land, unsere Arbeit und die Probleme aufmerksam zu machen“. Neben der Teilnahme an der Welt-Fahrradkonferenz, die im September in Paris stattfinden wird, stehen auch bunte Informationsabende in Hamburg auf dem Programm.

Ihr Gastgeber und Berater in Hamburg ist Jürgen Heyen-Perschon. Der 35-jährige Geograph beschäftigte sich im Rahmen seiner Doktorarbeit mit dem Themengebiet von FABIO. „Für Frauen auf dem Land ist ein Fahrrad besonders wichtig“, sagt Heyen-Perschon. Da sie zusätzlich zur Haushaltsführung große Teile der landwirtschaftlichen Arbeiten übernehmen müssen, sei Mobilität eine große Erleichterung des Alltags. In der Mehrzahl der Fälle hat Heyen-Perschon sogar eine geringere Belastung für die Frau ermittelt. Denn: „Wasser auf dem Fahrrad zu transportieren, ist für die Männer – anders als das Tragen von Behältern auf dem Kopf – nicht unter ihrer Würde.“ Da FABIO die Gefährte mit einem stabilen Gepäckträger ausrüstet, sind sie auch als Transportmittel für Bananen, Feuerholz, Steine und Wasserfässer geeignet. Ein eigens konstruierter Anhänger ermöglicht sogar Krankentransporte. „Sonst müssen zwölf Menschen den Kranken oft tagelang in einer Trage über ihren Köpfen transportieren“, so Heyen-Perschon.

Doch auch in den afrikanischen Städten sei der zunehmende Gebrauch von unmotorisierten Fahrzeugen wichtig. „Sonst geht da alles vor die Hunde“, betont Heyen-Perschon die Wichtigkeit des „Master-Planes“. Das haben auch die Vereinten Nationen erkannt. Anfang September gründet die UN ein Netzwerk, das den nachhaltigen Transport in Afrika fördern soll. FABIO ist Teil davon.

Informationsabende finden am 3. September ab 18 Uhr in der Hamburg Universität, im „Philturm“, Hörsaal F, sowie am 10. September ab 19.30 Uhr im Goldbek-Haus in Winterhude statt.