Grüner Baum will Grünen Punkt verdrängen

Künftig wird die Landbell AG wie das Duale System Müll sammeln, der Verbraucher wird es nur am Emblem merken

Frankfurt/Main taz ■ Die Sache ist kompliziert: Ab sofort darf die Mainzer Landbell AG in Konkurrenz zum Dualen System Deutschland (DSD) treten. Sie kann mit den Herstellern und Vertreibern von Verkaufsverpackungen überall in Deutschland Lizenzverträge abschließen – und ihnen damit die Pflicht zur eigenen Wiedereinsammlung und Verwertung ihrer Glas-, Kunststoff- oder Papier- und Kartonverpackungen abnehmen. Doch auch nicht so ganz. Denn über einen Marktanteil von etwa acht Prozent wird sie vorerst nicht hinauskommen.

Selbst wenn in den nächsten Wochen „alles super für uns laufen sollte“, wovon Landbell-Boss Wolfgang Schertz gestern vor Journalisten selbstbewusst ausging, ändere sich zunächst einmal wenig. Der grüne Punkt (DSD), der einmal durch den „grünen Baum“ von Landbell ergänzt werden soll, prange ja noch „eine ganze Weile“ weiter alleine auf den Verpackungen, sagte Schertz. Und von den privaten und kommunalen Entsorgern, mit denen die Landbell AG in Hessen bereits Verträge über die Sammlung der Joghurtbecher, Tetrapaks und Pizzaschachteln abgeschlossen habe, werde nicht zuerst etwa der „Landbell-Müll“ eingesammelt und danach erst der „DSD-Müll“. Das laufe alles weiter wie bisher.

Der Grund für die Zurückhaltung: Bislang erteilte nur das Land Hessen der Landbell AG eine Zulassung zur Etablierung eines zweiten dualen Systems (die taz berichtete). Und weil nur etwa acht Prozent der Deutschen in Hessen leben, kann sich die Landbell AG zunächst auch nur maximal acht Prozent am Verpackungsmüll sichern; die restlichen 92 Prozent verbleiben beim DSD. „Auf der Achtprozentbasis; und alles virtuell“, so Schertz, darf die Firma aber überall in Deutschland mit Verpackungsproduzenten Verträge abschließen.

Noch hat sich aber kein Hersteller oder Vertreiber von Verkaufsverpackungen vertraglich verpflichtet, vom DSD zur Landbell AG zu wechseln – auch wenn es wie Schertz betonte, einige große Firmen geben würde, die mit seiner Firma bereits „Vorverträge“ abgeschlossen hätten. Andere würden noch „feilschen“.

Weil die Landbell AG kein anderes Müllsammelsystem als das Duale System anbieten darf, kann sie ihren Konkurrenten nur dann aus dem Felde schlagen, wenn sie billiger ist. Auch die Landbell AG muss mit dem „gelben Sack“ arbeiten. Sie muss auch Papier, Pappe und Glas von den Entsorgern, mit denen sie Verträge abgeschlossen hat, in Containern sammeln, abtransportieren und wiederverwerten lassen. Um wie viele Prozentpunkte die Landbell AG die Preise des DSD für die Lizenzverträge mit dem Handel und der Industrie unterbieten kann, wollte Schertz gestern denn auch nicht sagen. Aber ohne den großen Werbeaufwand, den das DSD betreibe, und ohne die hohen Personalausgaben, könne die Landbell AG schon „auf den einen oder anderen Euro verzichten“.

Schertz aber plant schon die Expansion: nach Rheinland-Pfalz und dem Saarland, nach Bayern und Hamburg. Dann käme er seinem Traum näher: 50:50 – mit dem DSD in Augenhöhe. KLAUS-PETER KLINGELSCMITT