Gewaltopfer brauchen eine Lobby

Das Kölner Mädchenhaus braucht Geld, um Mädchen und jungen Frauen in Krisensituationen zu helfen. Drei Kennerinnen des kriminellen Milieus wollen es besorgen – mit ganz legalen Mitteln

Von Brigitte Maser

„Kurz bevor es dunkel wird, ist die Nacht am gefährlichsten!“, warnen die „Sisters in Crime“. Das hindert die Krimi-Autorinnen Karin Ebeling, Monika Misko und Gabi Neumayr aber nicht, heute Abend zur Krimisommernacht „Mörderische Dämmerung“ in die Kölner Südstadt einzuladen. Ihr Publikum belohnen sie mit spannenden Geschichten und einem guten Gewissen, denn der Eintrittspreis geht in voller Höhe an „Lobby für Mädchen – Mädchenhaus Köln e.V.“.

„Gerade in Zeiten der Mittelkürzungen ist eine solche Unterstützung sehr wichtig“, begründet Christina Schlarp, Frauenreferentin beim Evangelischen Stadtkirchenverband Köln, warum sie diese Veranstaltung mitorganisiert hat. Die Spenden werden dringend gebraucht, um Mädchen in Krisensituationen fachkundig zu beraten. Zwar ist im Moment, trotz der massiven Mittelkürzungen in vielen sozialen Einrichtungen, die Existenz des Mädchenhauses nicht akut gefährdet. Dennoch ist die Situation der Beratungseinrichtung mehr als angespannt.

Im Vorjahr erhielt die Einrichtung von Stadt und Land insgesamt 93.000 Euro. Weitere 220.000 Euro musste das Mädchenhaus über Spenden und andere Mittelzuwendungen selbst aufbringen. „Wir wissen daher nie, ob wir es schaffen, unser Beratungsangebot aufrechtzuerhalten“, beschreibt Frauke Mahr vom Mädchenhaus Köln den finanziellen Spagat.

Das 1987 gegründete Mädchenhaus ist bisher die einzige Einrichtung in Köln, deren Arbeit und Angebot sich ausschließlich am Bedarf der Mädchen und jungen Frauen in Krisensituationen orientiert. In den ersten 12 Jahren lag der Arbeitsschwerpunkt in der Beratung und individuellen Betreuung von Mädchen mit sexuellen Gewalterfahrungen. Heute beziehen sich die meisten Anfragen auf die Themen Essstörungen und/oder sexuelle Gewalt. Aber auch bei Familienkonflikten und Schulproblemen wird das Beratungsangebot genutzt. Ziel der individuellen Betreuung ist, die Mädchen wieder zu stabilisieren und ihnen einen geschützten Raum zu bieten, in dem sie mit ihren Problemen ernstgenommen werden. Dazu werden auch Kurse und Workshops angeboten.

Zur Zeit sind neun Mitarbeiterinnen mit reduzierter Stundenzahl beschäftigt sowie eine ABM-Kraft, deren Vertrag allerdings im Juli ausläuft. Für das Team heißt das arbeiten am Limit und weitere Einschränkungen im Angebot machen. Und das, obwohl der Beratungsbedarf nach wie vor größer ist, als die personellen Kapazitäten hergeben.

2003 suchten 529 Mädchen und junge Frauen Hilfe im Mädchenhaus. „Wenn unsere ABM-Kraft geht, können wir die Betroffenen zum Beispiel bei sexueller Gewalt nicht mehr den Erfordernissen entsprechend zur Polizei, zum Jugendamt oder Rechtsanwalt begleiten. Das ist zu zeitintensiv“, erklärt Frauke Mahr die Folgen der Sparmaßnahmen. Aber auch die wichtige Präventionsarbeit mit Schulen, Weiterbildungsangebote für LehrerInnen und die Zusammenarbeit mit anderen Trägern müsste heruntergefahren werden. Einsparungen, die eindeutig nur zu Lasten der Betroffenen gehen.

Gerade Mädchen reagieren auf Konflikte eher mit Rückzug oder Depressionen. Wenn aber Hilfe abgebaut wird, nehmen auch weniger Menschen frühzeitig Hilfe in Anspruch. Das hat zur Konsequenz, dass die Folgekosten unberücksichtigt bleiben, beziehungsweise auf andere Träger abgewälzt werden. Denn diese Kosten zeigen sich nicht auf der Stelle, sondern erst später, wenn die Mädchen etwa auf Grund ihrer traumatisierten Gewalterfahrung arbeitsunfähig sind. „Ich finde es sehr wichtig, dass Politiker die Probleme von Kindern und Jugendlichen endlich ernst nehmen und nicht nur in Wahlperioden denken“, fordert Hanna Dirk vom Mädchenhaus-Beratungsteam die Politik auf, Farbe zu bekennen.

„Mörderische Dämmerung“: heute, 19.30 Uhr, Haus der Evangelischen Kirche Köln, Kartäusergasse 9-11, Eintritt: 10 Euro