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: Morgen vielleicht, mein Kind, wartet der Sexshop auch auf dich

Die ganze Stadt ist im Vibrator-Fieber. Kaum hat der Beate-Uhse-Konzern bei Karstadt am Hermannplatz seinen Frauen-Erotik-Shop „Mae B.“ eröffnet, überschlägt sich die örtliche Presse vor Begeisterung und preist die geschmackvolle und deshalb auch hochinnovative Präsentation vielseitig verwendbaren Sexspielzeugs, das einst in zuverlässig schmuddeligen Räumlichkeiten gelagert war.

Die Berliner Zeitung spricht von „bewundernswert unbekümmerter Platzierung“, die tazzwei bewundert das „kuschelige Ambiente“, und die BZ druckt ein Foto einer adretten Sexspielzeug-Fachverkäuferin, die stolz ein interessantes Dildo-Sortiment im Holz-, Tiger- und Leopardenlook auffächert. Nur der züchtige Tagesspiegel hält sich zurück – das war allerdings auch nicht anders zu erwarten.

Also ist es mal wieder an der tazkultur, Bedenken anzumelden und die wirklich wichtigen Fragen zu stellen, von denen die wichtigste wie immer lautet: Warum? Müssen jetzt auch noch die Sexshops einladend und gemütlich aussehen? Ist es von Vorteil, wenn Design-Dildos wie Preziosen auf Seidenkissen gebettet werden oder als Kunstwerke gerahmt an den Wänden hängen? Ist „Mae B.“ nicht eigentlich ein ziemlich blöder Name? Und könnte es nicht maybe sein, dass Sexshops ohne die atmosphärisch wertvolle Schmuddelaura noch langweiliger werden, als sie es ohnehin schon sind?

Die Überlegung, die zu dem bahnbrechenden „Mae B.“-Shopkonzept führte, bestand offenbar in dem Wunsch, einen Raum zu schaffen, in dem auch Frauen sich wohl fühlen, damit sie häufiger die Dinge kaufen, die in Sexshops üblicherweise angeboten werden. Teil der Überlegung war dabei die These, dass Frauen die Dinge, die in Sexshops üblicherweise angeboten werden, eigentlich sehr gern kaufen würden, dass sie nur davor zurückschrecken, weil das Ambiente in einem Sexshop eben oft so unerfreulich ist.

Eine andere These lautete, dass Männern das Ambiente offenbar schnurzpiepe ist. Ständig rennen sie in irgendwelche Sexshops und bestaunen, was es da so gibt: Pornos, Vibratoren, Handschellen, Peitschen, Liebeskugeln, Wäsche, Masken, Puppen und Gleitcremes für diesen oder jenen Zweck. Irgendetwas werden sie davon wohl auch mit nach Hause nehmen, sonst würden die Sexshops nicht so zahlreich existieren. Wenn also Frauen auch irgendwie in die Shops zu locken wären, würden diese wahrscheinlich noch zahlreicher existieren, so jedenfalls der Wunsch und Gedanke von Karstadt und Beate Uhse.

Tatsächlich leben Sexshops hauptsächlich von Videokabinen und dem Verkauf von Pornos, Kondomen und Cremes, also relativ unspektakulären Dingen, auf die man bei „Mae B.“ nicht unbedingt spezialisiert ist. Darüber hinaus dürfen auch Männer und Kinder den „Mae B.“-Shop betreten, was der ganzen Angelegenheit zwar den Hauch von Unverfänglichkeit gibt, aber das Ganze so unverfänglich werden lässt, dass es schon wieder keinen Sinn macht. Welche Mutter möchte sich schon gern im Beisein der neugierigen Kinderschar in die ergonomischen Feinheiten eines Multifunktionsvibrators einweisen lassen? Welches Kind möchte schon dabei sein, wenn Mutter sich für den Dildo ihres Herzens entscheidet? Ohne die Eltern ist der „Mae B.“-Shop für Kinder allerdings gewiss von Interesse. Aber die Eltern sind bestimmt immer dabei. So macht der Sexshopbummel für die Jüngsten keinen Spaß.

Der Weg aus dem Dilemma wäre ein Sexshopkonzept für jede Zielgruppe, bei dem gestrenge Türsteher über den Zugang entscheiden. „Mae B.“ für die Dame, „Mae B. Homme“ für den Herrn und „Mae B. Tomorrow“ für das Kind. HARALD PETERS