Das schmächtige Kopfballungeheuer

Werders Neuzugang Miroslav Klose ist in die Saisonvorbereitung eingestiegen. Den Vergleich mit Ailton scheut der jüngst eher blass gebliebene Stürmer nicht. Doch mit dem kopfballstarken Ex-Kaiserslauterer muss sich die Werder-Taktik ändern

bremen taz ■ Miroslav Klose hat seinen ersten Tag bei Werder: Nach der Vorstellung bei der Bremer Presse geht es erst einmal zum Laktattest. Bei den Zaungästen des Konditions-TÜVs ist die Erinnerung an die stürmende Dampfwalze Ailton noch frisch. „Körperlich der stärkste Bundesliga-Spieler“, schwärmt ein Fan über den nach Schalke Abgewanderten. Klose hingegen wirkt eher schmächtig in seiner frischen Werder-Kluft. Doch der Schein trügt: Der Hänfling ist ein Kopfballungeheuer. Bei der WM 2002 schoss Klose fünf Tore in sechs Spielen – alle Treffer mit der Stirn.

Den Vergleich mit Werders ehemaligem Torjäger Ailton scheut der 26-jährige Ex-Kaiserslauterer nicht: „Ich habe andere Stärken als er“, so Klose. Die Hälfte der Ailton-Ausbeute von 28 Toren würde den Bremer Fans ja vielleicht auch schon reichen. Schließlich geht es im Fußball stets nur um das Eine: „Entscheidend ist, was am Ende für die Mannschaft rauskommt.“ So sprach Werders Sportdirektor Klaus Allofs, der seinen neuen Stürmer für einen „kompletteren Spieler als Ailton“ hält. „Miro reiht sich in unsere Gilde der Topstürmer ein“, sagte Allofs. In jedem Fall steht Klose ein harter Kampf um einen Stammplatz bevor: Mit dem gerade bei der Europameisterschaft erfolgreichen „Gyros-Bomber“ Angelos Charisteas, „Knackhintern“ Ivan Klasnic sowie Jungstar Nelson Valdez hat Klose starke Mitbewerber um die Gunst von Publikum und Trainer Schaaf.

In letzter Zeit lief es für den gebürtigen Polen eher schlecht. Bei seinem einzigen EM-Einsatz – im Trauerspiel gegen Fussballzwerg Lettland – hätte er in der 92. Minute die Nation erlösen können. Doch sein Flugkopfball segelte am Tor vorbei, es blieb beim 0:0. Die Aufmerksamkeit der Kommentatoren richtete sich da schon längst auf des Stürmers gepflegte Frisur: „Klose ist und bleibt die geföhnte Susi“, spottete die Süddeutsche Zeitung nach dem peinlichen 0:2 im Vorbereitungsspiel gegen Loddars Ungarn.

Auch in Kaiserlautern hatte Klose eine durchwachsene Saison. Zwar gelangen ihm immerhin 10 Treffer – die Sportpresse war allerdings wenig angetan. Der Kicker gab für seine Saisonleistung nur eine schlechte Drei. Beim Deutschen Meister soll es jetzt besser klappen als beim Fast-Absteiger aus der Pfalz: „Werders offensives Spiel liegt mir besser“, hofft Klose. Sorgen, dass er nicht in die bislang auf die Urgewalt von Ailtons Antritt ausgerichtete Werder-Taktik passt, versucht Allofs zu zerstreuen: „Mit ihm können wir flexibler agieren.“ Klar ist, dass Klose auf Flanken von außen angewiesen sein wird, um Treffer zu landen. Zu Ailtons Zeiten galt noch die Devise: „Ab durch die Mitte“.

Nach der WM 2002 riefen italienische Top-Vereine bei Klose an, doch der blieb bei Kaiserslautern. Nur auf seiner Homepage heißt es noch: „Irgendwann wird er ihn ereilen, der Ruf der weiten, großen Fußball-Welt.“ Jetzt ist es immerhin der Champions League-Verein Werder Bremen geworden. Die Erwartungen sind hoch: Mit 5 Millionen Euro ist Klose teuerster Einkauf der Klub-Geschichte. Axel Domeyer