Die Serie „Scene“ des Fotografen York Christoph Riccius in der Galerie Feinkunst Krüger: Plastikjacke und Cowboystiefel
Ein Fußballfeld, so weit das Auge reicht, von Rasen keine Spur, nicht mehr als ein Acker. Erste Liga wird hier sicher nicht gespielt. Außerdem ist es bestimmt viel zu heiß zum Kicken. Unter der stechenden Sonne Spaniens hat sich der Berliner Fotograf York Christoph Riccius, dessen Fotos derzeit in der Galerie Feinkunst Krüger zu sehen sind, auf die Suche nach Landschaften gemacht. Gefunden hat er immer die gleichen Bilder: eine dünne Horizontlinie, darüber der fast weiß strahlende Himmel, Straßen durch das Nichts, verlassene Fabrikanlagen, leere Brunnen, karge Ackerflächen mit weißen, dürren Pferden, ein Haufen alter Reifen. Menschenleere Unorte, ein klassischer Topos in der aktuellen Fotografie – Plätze, die sich in der Hitze beinahe auflösen.
Doch Riccius belässt es nicht dabei. Seinen Landschaften ordnet der gebürtige Bremer Porträts zu, die in einem Studio in Hamburg entstanden sind. Zum Bolzplatz etwa gesellt sich ein verschwitzter Fußballer im engen, blauen Adidashemd, das den Bauchansatz kaum verbirgt. Nein, ein richtiger Fußballer ist das nicht – oder doch? Bei Feinkunst Krüger sind jetzt ein Dutzend solcher Bildpaare der Serie „Scene“, entstanden im Jahr 2000 als Diplomarbeit des 1971 geborenen Fotografen, zu sehen.
Da trägt zum Beispiel eine junge Frau ein altes Harley-Davidson-T-Shirt, eine blaue Pastikjacke und Cowboystiefel. Weitere Themen: Eine leere Hacienda, daneben ein Paar ganz in Schwarz. Oder der Cowboy mit blonder Tolle, Pilotenbrille und dem Eisernen Kreuz um den Hals.
Dass Riccius als Werbefotograf tätig ist und auch für Stern, Wallpaper und das Jetzt Magazin fotografiert hat, sieht man, denn er hat Sinn für Accessoires und poppige Details. Aber er versteht es auch, Geheimnisse zu stricken: Wer etwa ist Guillermo, dessen Grab mit roten und weißen Rosen gespickt ist? Realität und Fiktion treten zum Match an in diesen Bildern, Roadmoviebilder gegen inszenierte Studioporträts. In diesem Wechselspiel von Realität und Fiktion ist Riccius viel zu gut für diesen Acker mit zwei Toren – mindestens Fotobundesliga, vielleicht sogar UEFA-Cup. MARC PESCHKE
Fr 12–19, Sa 12–17 Uhr und nach Vereinbarung, Feinkunst Krüger, Ditmar-Koel-Str. 22; bis 30.8.
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