Cap-Anamur-Häftlinge frei

Untersuchungsrichter in Sizilien lässt inhaftierte Mitglieder der Hilfsorganisation nach Stunden der Verhandlung frei. Schlappe für Italiens Regierung. Zukunft der Flüchtlinge weiter ungewiss

ROM taz ■ Elias Bierdel, Stefan Schmidt und Vladimir Daschkewitsch wurden gestern Nachmittag auf freien Fuß gesetzt. Der Präsident der deutschen Hilfsorganisation, der Kapitän und der Erste Offizier der „Cap Anamur“ waren im Gefängnis von Agrigent dem Untersuchungsrichter vorgeführt worden, der über die Ausstellung eines Haftbefehls oder über die Freilassung der drei zu befinden hatte. Den Freigelassenen sei es richterlich untersagt, sich in Sizilien und anderen Teilen Süditaliens aufzuhalten, erklärte die italienische Europaabgeordnete Luisa Morgantini, die die Inhaftierten besucht hatte. In ihrem Beisein erfuhren die drei von iher Freilassung.

Die Staatsanwaltschaft hatte in der Verhandlung die Inhaftierung der „Cap Anamur“-Leute gefordert, die unter der Beschuldigung der „Begünstigung illegaler Einwanderung“ am Montagabend, nach Anlegen des Schiffs im Hafen von Porto Empedocle, festgenommen worden waren. Die Verteidigung machte geltend, dass die „Cap Anamur“-Leute unschuldig seien und die 37 Afrikaner aus Seenot gerettet hätten. Nach mehrstündiger Verhandlung gab Untersuchungsrichter Walter Carlisi seinen Beschluss bekannt. Die italienische Regierung, die die Festnahme der „Cap Anamur“-Leute zur Chefsache gemacht hatte, erhielt damit eine deutliche Abfuhr.

Mit einer Entscheidung womöglich schon am Freitagabend wurde auch im Asylverfahren für die 37 Flüchtlinge gerechnet. Dass ihnen Asyl gewährt wird, erscheint unwahrscheinlich, nicht zuletzt, weil sich die Anzeichen mehren, dass die Afrikaner nicht aus dem Sudan, sondern aus Ghana und Nigeria stammen. Der italienische Flüchtlingsrat macht jedoch geltend, dass sie damit dennoch aus Krisen- und Kriegsgebieten stammen. Lillo Micciché, Regionalabgeordneter der Grünen, äußerte gegenüber der taz die Hoffnung, dass den „Cap Anamur“-Passagieren eine Duldung aus humanitären Gründen gewährt wird.

MICHAEL BRAUN

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