urdrüs wahre kolumne
: Langsam. Bitte ganz langsam!

Wenn so ein Dennis Ugurcu als Landesvorsitzender der Jungen Union in Bremen tapfer erklärt, „wir haben das konservative Profil der JU jetzt in Stein gemeißelt“, dann spürt man natürlich die Angst dieses jungen Mannes vor jenem Teil seiner Verbandskollegen, die im Rahmen ihrer politischen Sozialisation schon mal mit Steinen gegen Menschen seines Herkommens argumentiert haben oder dies irgendwann wieder mal werden. Da nutzt das ganze Gebrabbel nichts – Blut ist dicker als die Spucke im gemeinsam geleerten Dosenbier!

Ein ambulanter Uhrenverkäufer in Hannover wirbt für seine halbwegs echt aussehende Blenderware in Form von Taschen- und Armbanduhren mit güldemem Glanz und fragwürdigen Diamanten für zehn Euro bei den zögerlichen Interessenten mit dem Hinweis: „Die kannste in der Kneipe glatt mit 50 Euro in Zahlung geben.“ Ich würde das nur Gästen empfehlen, die auf dringliches Verlangen sowieso „aufs Haus“ trinken dürfen.

Das großflächige Fahrradverleihsystem für Hamburg, das für die erste halbe Stunde umsonst genutzt werden kann – befördert es nicht zusätzlich die ungemütliche Raserei, mit der man als gediegener Hollandrad-Benutzer jetzt schon von Fahrradkurieren und Hardcore-Bikern gestresst wird? Wo bleibt da das kollektive Gebot einer defensiven Fahrweise, die Freude an der Würde des langsamen Vorankommens? Wenn die taz nord in der Unterzeile ihres Beitrags triumphiert, dass diese halbe Stunde ausreiche, um damit durch die halbe Stadt zu kommen, wird durch diesen Kamikaze-Appell die ganze Stadt gefährdet – zumal die schlimmen Geizkragen sicher noch den Weg zurück auf die gleiche Weise schaffen wollen. Merke: Die Welt wird langsam sein. Oder sie wird nicht sein!

Natürlich darf der niedersächsische Linken-Abgeordnete Patrick Humcke-Focks Göttinger Polizisten bei antifaschistischen Demos nicht als Penner bezeichnen, denn das unterstellt doch im Grunde Obdachlosen und Stadtstreichern die latente Bereitschaft, sich für neonazistische Ideen stark zu machen. Insofern empfehle ich einem klugen Richter im aktuellen Beleidigungsverfahren, den Parlamentarier zu einem mehrtägigen Verkaufseinsatz für ein Obdachlosenmagazin zu verurteilen. Seinen Erlösanteil möge er dann bitte gern an diakonische Einrichtungen für Nichtsesshafte oder auch die Bahnhofsmission weiterreichen!

Es wäre fatal, wenn in der Auseinandersetzung um die Zukunft des schulischen Religionsunterrichts auch in Bremen plötzlich eine Parole wie „Religion statt Ethik“ propagiert wird – denn wo das als Gegensatz begriffen wird, ist der Glaube natürlich voll im Arsch, um es mal im kräftigen Luther-Ton zu sagen.

Ein interessantes Argument gegen den Kauf eines Loses bei der Bremer Bürgerpark-Tombola hörte ich im Gespräch von zwei Angehörigen des angestammten Bahnhofs-Vorplatzmilieus. „Entweder kriegste nur eine Niete oder Kekse oder eine Museumskarte – wenn du aber ein Auto oder ein Sparbuch gewinnst, machen die so viel Tamtam, dass Dir Dein Sachbearbeiter alles wieder abknöpft!“

Solche Lebensklugheit wünscht sich und auch Dir jederzeit ULRICH „LUCKY PUNCH“ REINEKING

ULRICH REINEKING, Journalist und Kabarettist, fürchtet sich vor geizigen Hardcore-Bikern in der Hamburger Innenstadt