pampuchs tagebuch
: Die Globalisierungskritiker von der Post

Dies ist eine Klageschrift, die ich aus aktuellem Anlass an dieser Stelle platziere, sonst platze nämlich ich. Das globale Online-Banking, an dem seit geraumer Zeit auch die deutsche Postbank (bei der ich seit Jahrzehnten treuer Kunde bin) teilnimmt, hat es zur Sache von ein paar Klicks gemacht, kleine und größere Beträge elektronisch über den Erdball zu verschieben. Das hat uns Globalisierungsskeptiker schon immer etwas Angst gemacht. Wir wissen, was das nur nach schnödem Gewinn suchende, rasend vagabundierende Kapital mit der Weltwirtschaft anzurichten vermag, wie sehr es ganze Volkswirtschaften (zumeist armer Länder) in den Ruin treiben kann, wenn es etwa anderswo noch schnöderen Gewinn wittert.

 Zugegeben, nicht das Onlinemedium ist die Wurzel des Übels, aber es hat die Möglichkeiten der Gier ins Aberwitzige gesteigert. Andererseits hat das globale Online-Banking Weltbürgern, Reisenden und anderen Sinnvolles Schaffenden vieles erleichtert. So freute ich mich, für die Organisation einer Gruppenreise nach Südamerika (die sich übrigens an der taz-Leserreise nach Bolivien orientiert) einige erkleckliche Sümmchen – die Reisekosten nämlich – problemlos online nach La Paz verschieben zu können. Man klickt einfach unter www.postbank.de auf „Auslandüberweisung“, gibt die üblichen Daten samt internationalem Swift-Code und dazu eine Transaktionsnummer (TAN) an, und flugs hat der Counterpart in Bolivien das Geld.

 Es hatte bereits mehrmals prima geklappt, und ich sang schon das Loblied der deutschen Weltpost. Nun aber hat die letzte Überweisung nicht funktioniert. Aus irgendwelchen Gründen wurde die Auslandsüberweisung (auf ein Konto) zu einer Auslandsscheckzahlung (an eine Adresse). Der Scheck kam nicht an, und nun muss eine „Nachforschung“ durchgeführt werden.

 Ich wünsche allen vagabundierenden Kapitalverschiebern, dass sie irgendwann einmal in die Mühlen einer solchen Deutsche-Post-Aktion geraten. Auf einmal nämlich ist nicht mehr vom blitzschnellen elektronischen Datenaustausch die Rede. Kaum geht es darum, einen verlorenen Scheck zu finden, dingfest zu machen und nötigenfalls zu annullieren, schaltet die Postbank auf die Geschwindigkeit der Postkutschen zurück. Mit sechs Wochen müsse ich da unter Umständen rechnen, beschied mir der nette Postbeamte, dem ich meine Onlinepleite mitteilte. Irgendeine Stelle in Saarbrücken, die man aber nicht anrufen könne, bearbeite das. Auch die 01 80-Nummer, die ich ersatzweise auf sein Anraten anrief, war nur bedingt hilfreich. Sie leiteten elektronisch noch ein „Eilt!“ weiter, damit hatte es sich dann aber auch.

 Und nun sitze ich und weiß nicht einmal, wer wann wo meinen Onlineauftrag wohin geschickt hat. Bin angewiesen auf die Gnade von Postangestellten, die möglicherweise vom Zuschnitt des spinnwebenumwobenen ©TOM-Schalterbeamten sind. Was ja angesichts der Hektik unsere Zeit grundsätzlich sympathisch und dazu extrem globalisierungskritisch ist. Was kümmert’s die Post, ob wir jetzt die Hotels in Bolivien bezahlen können, in denen wir in zwei Wochen sind. Bloß: Dann sollen sie uns nicht auf ihre tolle Onlinebanking-Seite locken. Sondern uns eine Kutsche zur Verfügung stellen. Zum Vagabundieren am Titicacasee.

THOMAS PAMPUCH

ThoPampuch@aol.com