Deutschlands Diesel rußen weiter

Auf der IAA im September werden deutsche Autohersteller endlich Rußfilter vorstellen. Sie werden sie aber nur in die Diesel einbauen, die sonst die ab 2005 geltende Abgasnorm Euro 4 nicht erfüllen. Dass die Technik Leben rettet, ist ihnen egal

„Autos haben alles als Serienausstattung, nur den Rußfilter nicht. Das ist zynisch“

aus Berlin BERND MIKOSCH

Jetzt also doch: DaimlerChrysler entwickelt einen Rußfilter, VW, Audi und BMW ebenso. Bis vor wenigen Monaten hatte die deutsche Automobilindustrie die Technologie ignoriert, mit der der französische Autobauer PSA (Peugeot, Citroën) seit Jahren erfolgreich Rußpartikel aus dem Dieselabgas filtert. Die besonders gefährlichen Feinstpartikel verursachen Krebs und Atemwegserkrankungen – das Umweltbundesamt stellte kürzlich eine Studie vor, laut der jährlich etwa 14.000 Menschen in Deutschland an den Folgen von Dieselruß sterben.

Wie der Verband der Automobilindustrie (VDA) gestern bekannt gab, werden einige deutsche Automobilbauer im September auf der Branchenausstellung IAA High-Tech-Rußfilter vorstellen, die der französischen Konkurrenz überlegen seien. Der Grund für den Sinneswandel: Ohne Rußfilter können die schweren und PS-starken Diesel-Flaggschiffe die Euro-4-Norm nicht einhalten, die ab 2005 die Abgasgrenzwerte erheblich verschärft.

DaimlerChrysler sieht sich als Vorreiter: Mercedes-Benz sei die erste Automobilmarke der Welt, die eine Kombination aus Euro-4-Norm und Rußfilter anbiete – ab Oktober für die Vierzylindermotoren der C- und E-Klasse. „DaimlerChrysler war neben VW immer der Bremser beim Rußfilter“, betont Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe (DUH). Dass sich der Stuttgarter Autobauer jetzt als Vorreiter darstelle, sei daher nicht korrekt. Der Verkehrsclub Deutschland (VCD) kritisiert, dass es die Filter nur gegen Aufpreis geben soll: „Die Autos haben heute jeden Schnickschnack als Serienausstattung, nur den lebensrettenden Rußfilter nicht. Das ist zynisch“, kommentiert Daniel Kluge vom VCD.

Die DUH fordert, so schnell wie möglich keine Dieselfahrzeuge mehr ohne Filter auszuliefern. Mit den Autobauern ist das nicht zu machen: „Bei BMW wird der Rußfilter einzig und allein in den Modellen eingesetzt, in denen wir die Euro-4-Norm sonst nicht erreichen“, sagte Pressesprecher Wieland Bruch der taz. „Neue Studien, wie gefährlich Rußpartikel angeblich sind, haben bei BMW zu keiner neuen Bewertung der Problematik geführt.“ Diese sture Haltung ärgert Resch: „Kleinere Modelle halten die Euro-4-Norm gerade so ohne Filter ein, obwohl auch hier getrickst wird.“ In jedem Fall nehme ohne Filter nur die Rußmasse ab, die Zahl der Partikel explodiere dagegen. „Die Teilchen werden immer kleiner und dadurch gefährlicher, weil sie ungefiltert bis in die Lunge gelangen.“

Vielleicht fruchten die Appelle der Umwelthilfe ja bei anderen Herstellern: Ein Audi-Mitarbeiter gestand gegenüber der taz, dass die Ingolstädter den Rußfilter auf öffentlichen Druck hin einbauen werden, obwohl die Ingenieure die Abgasnorm vermutlich auch ohne Rußfilter hätte einhalten können. Die Pressestelle bestätigt das nicht: „Vor der IAA keine Infos“, lautet die Devise. Ähnlich verschlossen gibt man sich bei VW.

Um den Rußfilter möglichst schnell in den Markt einzuführen, empfiehlt Ferdinand Dudenhöffer, Professor an der Fachhochschule Gelsenkirchen, eine steuerliche Förderung dieser Technologie: „Wenn der Steuervorteil die Kosten für den Filter überwiegt, ist die Nachfrage riesig. Innerhalb kürzester Zeit hätte jeder neue Diesel den Filter.“