FBI lockt Rakete an

Die USA nehmen einen Briten fest, der tragbare Luftabwehrraketen verkaufen wollte. Den Deal hatten die Terrorfahnder selbst inszeniert

BERLIN taz ■ Der vermeintliche Käufer ein FBI-Agent, der Verkauf vom russischen Geheimdienst arrangiert, die tragbare Luftabwehrrakete unschädlich gemacht: Nur der Zwischenhändler scheint echt gewesen zu sein in einer skurrilen russisch-amerikanischen Geheimdienstaktion, die am Dienstag im US-Bundesstaat New Jersey mit der Festnahme eines britischen Staatsbürgers endete.

Die Informationen, die bislang über britische und US-amerikanische Medien an die Öffentlichkeit gerieten, deuten darauf hin, dass sich der britische Waffenhändler Hekmat Lakhani in Großbritannien nach potenziellen Abnehmern für eine „SA-18 Grouse“ umhörte – die neueste Version einer von der Schulter abgefeuerten Abwehrrakete aus russischer Produktion (siehe Kasten). Offenbar blieb sein Werben aber ohne Erfolg – bis FBI-Agenten Kontakt mit ihm aufnahmen und sich als Anhänger der al-Qaida ausgaben. Spätestens seit im vergangenen November eine israelische Passagiermaschine in Kenia einem Anschlag mit einer tragbaren Luftabwehrrakete nur knapp entging, fürchten die US-Behörden weitere solche Einsätze.

In Kreisen russischer Waffenhändler suchte der Brite derweil nach einem geeigneten Lieferanten. Lange dauerte das nicht. Denn bald, so wird berichtet, boten sich Agenten des KGB-Nachfolgers FSB als Geschäftspartner an. 85.000 US-Dollar soll der Händler bezahlt haben. Und es wurde tatsächlich geliefert: Die zuvor unschädlich gemachte Rakete konnte, beobachtet von US-Geheimdiensten, per Schiff in die Vereinigten Staaten verfrachtet werden. Als der britische Waffenhändler den Deal mit seinen vermeintlich terroristischen Kunden in den USA perfekt machen wollte, wurde er schließlich vom FBI festgenommen. Später verhafteten die US-Behörden noch zwei weitere an der Transaktion beteiligte Personen.

Da an beiden Enden des Handels Geheimdienstagenten aktiv waren, ist unklar, was die Operation eigentlich bewirken sollte. Weder dürften damit Erkenntnisse über den weitläufigen russischen Markt für Kriegswaffen gewonnen worden sein, noch dürfte die Aktion zu Hinweisen auf die Nachfrage durch potenzielle Attentäter in den USA geführt haben. Der Fall demonstriert jedoch die enge Geheimdienstkooperation zwischen Washington und Moskau bei dem Versuch, den Handel mit den tragbaren Abwehrraketen unter Kontrolle zu bringen – angesichts solch handlicher Raketen in Tausenderstückzahlen auf dem internationalen Markt ein wenig aussichtsreiches Unterfangen. Einige Beobachter gehen davon aus, dass Waffen dieser Art schon für 5.000 US-Dollar zu bekommen sind.

Sollten mit al-Qaida verbundene Gruppen tragbare Luftabwehrraketen gegen US-Flugzeuge einsetzen wollen, brauchten sie sich aber wahrscheinlich gar nicht um russische Fabrikate zu bemühen. US-Geheimdienste vermuten in den Arsenalen von Terrorgruppen noch Dutzende US-amerikanische Boden-Luft-Raketen vom Typ „Stinger“. Die verteilte die CIA in den 80er-Jahren freizügig an alle antisowjetischen Kämpfer in Afghanistan. Auch Ussama Bin Laden gehörte damals zu den bevorzugten Kunden der USA. ERIC CHAUVISTRÉ