village voice
: Coole Katzen: Mit „Candied Radio“ schmieden Commercial Breakup an der Achse Hamburg-Berlin

Es geht auch anders. Nicht der Berliner Bär vor seiner Drei-Türme-Burg ist das Symbol der Berlin-Hamburger Freundschaft. Auf der neuen, der zweiten Platte von Commercial Breakup streckt sich eine schwarze Katze nach einem Kondensator-Mikrofon. Und könnte damit zum neuen Wappentier der Musikachse Elbe-Spree werden.

Auf „Candied Radio“, dem neuen Album von Commercial Breakup, wirken fast ausschließlich Musiker aus Hamburg und Berlin mit. Sie wirken dabei derart motiviert, dass das Album gar als Kristall der interstädtischen Szenefreundschaft in die Geschichte eingehen könnte.

Hoch singen, viel verkaufen, lautet der Antrieb. Das war schon so bei „Little Bear“, das war schon so bei „Green Garden“. So hießen die ersten Songs von Commercial Breakup, das damals noch ein Duo war. Vredeber Albrecht produzierte diesen Zuckerbäcker-Synthiepop, und Elke Brauweiler – sonst bei der Band Paula – hämmerte darüber ihren metallenen Mezzosopran. Die Fauna und Flora gewidmeten Songs erschienen je auf „Spielkreis 01“ und „Spielkreis 02“, den Compilations der verblichenen galerie berlintokyo.

Albrecht gehörte damals zu den Betreibern des hedonistischen Kunstraumes und sammelte so seit Mitte der Neunzigerjahre neben Kontakten auch Glaubwürdigkeits-Bonusmeilen. Die besitzt er heute noch. Albrecht wird gerne als Pianist und Keyboarder mit auf Tour genommen, in letzter Zeit spielt er regelmäßig bei Blumfeld. Außerdem haben Commercial Breakup die alte Hoffnungen aus berlintokyo-Tagen einlösen können, doch endlich mal jemanden aus den eigenen Reihen wie einen Satelliten in die Charts zu schicken. „Walking Back Home“ und die New Order Cover-Version „Bizarre Love Triangle“ waren schon kleine Hits. Und auch mit „Candied Radio“ wollen alle Commercial Breakup wieder in den Charts sehen. Mit unglaublichen Popsongs, gebaut auf kompakt produzierten Beats zwischen Piano House und Disco, gelingt ihnen die totale Umwertung des Begriffs „schmierig“. Nach Commercial Breakup bedeutet das, sich wie frisch eingeflogener Honig in der Wabe zu fühlen. Man duftet und hat es gut.

Dabei gab es vorher Bedenken: Ohne nähere Angaben von Gründen ist Elke Brauweiler nicht mehr dabei, obwohl ihr Extrem-Girlism doch so gepasst hat. Dafür arbeitet Albrecht nun mit diversen Sängerinnen aus Hamburg und Berlin. Am schönsten, weil markantesten, singen Caro Garske von der Hamburger Band Tenfold Loadstar und Soffy O., die Stimme der Berliner Toktok. In den Songs warten coole Katzen im Garten, musikalisch begleitet von Berlinern und Hamburgern: Krite von Sharon Stoned spielt Gitarre, DJ Phono scratcht.

Auf dem Cover ist vor der Katze noch ein Radiowecker hinarrangiert. Das nur, weil er pink ist und somit dem so dominierenden Schwarzweiß etwas Farbe verleiht. Zudem aber sind die Songs von Commercial Breakup so produziert, dass sie in einem Radiowecker am besten klingen. Das kann nicht jeder.

CHRISTOPH BRAUN

Commercial Breakup: „Candied Radio“ (Ladomat 2000/ Mute/EMI)