schönbohms attacke
: Reaktionärer Humbug

Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) klagt über mangelnden Familiensinn und schimpft, dass Klaus Wowereit „beim Christopher Street Day demonstrativ auf dem ersten Wagen mitfährt“. Der Gescholtene posiert am gleichen Tag vor Fotografen mit dem ironischen Slogan „Mutti vons Janze“ auf der Jacke. Die Koinzidenz von Interview und PR-Termin illustriert einen Zustand in Berlin, der einzigen deutschen Stadt, die von einem bekennenden Homosexuellen regiert wird.

Kommentar von ROBIN ALEXANDER

Der Regierende hat weiter Spielraum gewonnen. Sein öffentliches Coming-out vor zwei Jahren erforderte Courage, war aber trotzdem ein zaghaftes. Ein schwuler Politiker, aber kein Schwulenpolitiker wolle er sein, betonte Wowereit damals. Erst durch positive Meinungsumfragen ermuntert, wagte Wowereit später die Präsentation seines Freundes, den Auftritt beim CSD und Mutti-Anspielungen.

Bei Letzteren kippt ein selbstverständlicher Umgang mit Homosexualität in einen demonstrativen. Das ist nicht jedermanns Sache. Konservative könnten kritisieren, Aktionen wie ein „Mutti vons Janze“-Posing seien dem Amt nicht angemessen.

Es ist aber nicht dieser Stil, den Schönbohm kritisiert. Der General a. D. nennt Wowereits einschlägige Auftritte in einem Atemzug mit dem schweren Stand der Familie in dieser Gesellschaft. Als halte der bloße Anblick einer Schwulenparade die Berliner vom Kinderkriegen ab! Die Entscheidung für Familien wird erschwert durch Konsumismus auf der Sonnen- und wirtschaftliche Ängste auf der Schattenseite dieser Gesellschaft. Akzeptanz gegenüber Homosexuellen hat damit nichts zu tun – das aber möchte Schönbohm suggerieren. Mit diesem reaktionären Humbug kann man im liberalen Berlin keinen Blumentopf mehr gewinnen. Im Zweifelsfall ist uns die „Mutti fürs Janze“ doch lieber als Opis Ressentiments.