Die Nordkoreagespräche kommen in Gang

Am Monatsende stehen Verhandlungen an – trotz Forderung Pjöngjangs nach einem Nichtangriffspakt mit den USA

TOKIO taz ■ Die letzten Positionskämpfe vor dem Beginn der Sechs-Parteien-Gespräche über das nordkoreanische Atomprogramm Ende August in Peking werden momentan noch ausgetragen. So bekräftigte Nordkorea am Mittwoch seine Forderung nach einem Nichtangriffspakt mit den USA als einzigen Weg zur Beilegung der Atomkrise. Die USA sollten damit demonstrieren, dass sie zu einer Abkehr von ihrer feindlichen Politik gegenüber Pjöngjang bereit seien, hieß es in einer offiziellen Erklärung.

Die USA sind dagegen lediglich bereit, eine Nichtangriffserklärung anzubieten. Gleichzeitig werden Pläne vorbereitet, die eine multilaterale Inspektorengruppe zur Überwachung des nordkoreanischen Atomprogramms vorsehen. Die Furcht, dass Nordkorea für sich einen Nichtangriffspakt und wirtschaftliche Hilfe erpressen könnte, ohne das Atomprogramm aufzugeben, ist in der Bush-Administration groß. US-Außenminister Colin Powell erklärte denn auch, die USA hätten Nordkorea keine Vorschläge für eine Wirtschaftshilfe unterbreitet.

Nordkorea hat wahrscheinlich schon das Material, die technische Ausrüstung und die Absicht, in wenigen Monate sechs Atombomben und bis 2010 weitere 200 nukleare Sprengköpfe zu bauen, erklärte Gareth Evans, der Präsident der International Crisis Group in Brüssel diese Woche. Die Gefahr, dass das Regime diese Waffen später terroristischen Gruppen oder anderen Ländern verkaufen könnte, sei real, fügte Evans hinzu.

Die vier anderen Parteien, China, Russland, Südkorea und Japan, sind als Nachbarn von Nordkorea am stärksten beunruhigt. Ein atomares Nordkorea könnte ein nukleares Wettrüsten auslösen, das möglicherweise zu einer Destabilisierung einer der dynamischsten Wirtschaftsregionen der Welt führen würde. Die größte Gefahr besteht für Südkorea und Japan, deren Gebiete in Reichweite der nordkoreanischen Raketen liegen. Diese beiden Länder spielen eine vitale Rolle als Investoren in China und Russland.

Die neue Führung in China spielt eine Schlüsselrolle für eine friedliche Lösung des Atomstreits. China, das rund 70 Prozent der Rohstoffe für die Energiegewinnung in Nordkorea und 30 Prozent der Versorgungsmittel für die darbende Bevölkerung liefert, kann als einziges Land schmerzhaften Druck auf Pjöngjang ausüben. Die chinesische Führung sucht deshalb eine Lösung, die Nordkorea im Tausch um das Atomprogramm Sicherheitsgarantien von den USA und wirtschaftliche Aufbauhilfe von Südkorea und Japan sichern.

ANDRÉ KUNZ